Wie geht jemand, der mit der DDR keine persönlichen Erfahrungen und Berührungspunkte hat, mit dem Thema um? Professionell natürlich. Liza Soutschek ist 1991 geboren, zwei Jahre nach dem Ende der DDR. Heute mischt die promovierte Historikerin, die ihre Kindheit in Bayern verbrachte, das Berliner DDR Museum mit ihrer Expertise und neuen Fragen an die deutsch-deutsche Geschichte auf.
Für ihre Dissertation hat sich die 33-Jährige mit ost- und westdeutscher Wissenschaftsgeschichte beschäftigt und für ein Buch Zeitzeugen befragt. Doch den ersten Kontakt mit der DDR hatte Liza Soutschek, wie so viele Museumsbesucher heute auch, auf einer Klassenfahrt nach Berlin.

„Wir sind gleich mit dem Thema Unrechtsstaat eingestiegen“, erinnert sich Liza Soutschek an die Fahrt. „Bei einem Besuch der Stasi-Gedenkstätte in Hohenschönhausen stand die DDR als Diktatur im Mittelpunkt.“ Spätestens da war das Interesse für Geschichte geweckt. Nach Stationen im Haus der Bayerischen Geschichte zog es Liza Soutschek nach dem Studium wieder nach Berlin, wo sie als wissenschaftliche Volontärin im Museum in der Kulturbrauerei und im Tränenpalast tiefer in die DDR-Geschichte einstieg.
„Aus westdeutscher Perspektive lässt sich das Thema DDR leicht ignorieren“, sagt sie heute. Dennoch sei es wichtig, die Alltagserfahrungen in der DDR weiter zugänglich zu machen und sie auch in einen gesamtdeutschen Kontext zu betten. Am Beispiel der Jugendbewegung in der DDR werde deutlich, dass Mauern zwar Staaten trennen können. Über die Mauer hinweg habe aber weiter kultureller Austausch stattgefunden. Das Interesse am Westen, auch als Ausdruck von Protest, sei allgegenwärtig gewesen.
„Ich finde es spannend, DDR-Geschichte eingebettet in deutsch-deutsche und auch europäische Bezüge zu erzählen“, sagt Liza Soutschek. Und auch die Transformationszeit nach der Wende, die Herausforderungen des Zusammenwachsens, die Baseballschlägerjahre und die Lehren, die sich aus Fehlern der Vergangenheit ziehen lassen, interessieren die junge Historikerin. Besonders bei Veranstaltungen, in Diskussionsrunden oder Lesungen will sie hier ihren eigenen Schwerpunkt setzen.
„Museumsarbeit kommt nah an die Gegenwart heran“, sagt Liza Soutschek, die im DDR Museum gerade eine neue Sonderausstellung zum Thema Währungsunion aufbaut. Die authentischen Objekte, die sie im DDR Museum kuratiert, erzählen vom Alltag der Menschen ausgehend, immer auch die großen Zusammenhänge. Das beste Beispiel: ein Nudossi-Becher.

„Als am 1. Juli 1990 die D-Mark in den Osten kam, wurden viele Konsumsehnsüchte der DDR-Bürger erfüllt“, so Soutschek. Doch der Zugang zur westlichen Warenwelt bedeutet nicht selten auch das Aus für die Produkte aus der DDR. „Ostprodukte wie Nudossi oder Fit verschwanden aus den Regalen“, erzählt Liza Soutschek. Im VEB Elbflorenz, wo Nudossi in der DDR produziert wurde, hatte man schon vor der Währungsunion Probleme, Haselnüsse zu beschaffen. Der Betrieb war heruntergewirtschaftet und musste schließen. Hunderte Arbeiter verloren ihren Arbeitsplatz, eine der negativen Auswirkungen der Währungsunion. Erst in den späten 1990er Jahren erlebt Nudossi auf dem Höhepunkt der Ostalgie-Welle eine Wiederbelebung.
Mit Neugier und der Fähigkeit, sich über Dinge zu wundern, will Liza Soutschek im DDR Museum mit einer unvoreingenommenen Außenperspektive Fragen stellen – und sie beantworten. Damit auch die nächste Generation Besucher lebendig erfahren kann, was es bedeutet, dass Deutschland 40 Jahre lang ein geteiltes Land war.
Ab dem 2. Juli 2025 widmet sich das DDR Museum mit der Sonder-Ausstellung „Endlich Westgeld!“ einem Schlüsselmoment der deutschen Geschichte: der Einführung der D-Mark in der DDR.