Noch vor zwei Jahren war das Haus eine Ruine: Wind und Wetter ausgesetzt, alle Fenster waren entfernt worden. Jetzt brennt in dem Gebäude wieder das Licht, der Mittelriegel und die Treppenhäuser sehen schon fertig aus. Das traditionsreiche Haus der Statistik ist aus Ruinen auferstanden. Schon im Frühjahr soll der erste Mieter einziehen.
Der 46.000 Quadratmeter große Gebäudekomplex war von 1968 bis 1970 als Sitz der Statistik-Zentralverwaltung der DDR errichtet worden – nach Plänen des Architektenkollektivs Manfred Hörner, Peter Senf und Joachim Härter. Obere Etagen waren Hoheitsgebiet des Ministeriums für Staatssicherheit. Im Erdgeschoss gab es zwei Gaststätten (Jagdklause, Mocca-Eck) und zwei Geschäfte (Suhler Jagdhütte, Natascha mit sowjetischen Spezialitäten).
Ein weiteres Stück DDR-Architektur sollte plattgemacht werden
2008 zogen die letzten Nutzer aus und das Areal verfiel. Kabeldiebe kamen, Obdachlose wohnten hier, in mehreren Räumen wüteten Feuer. Die Küche im Erdgeschoss wurde total entglast, jede Vitrine, jedes Fenster zum Innenhof zerschlagen. Urbexer und Graffitisprayer stromerten durch das Haus, das Dach war ein beliebter Treffpunkt für Fotografen, die den Alexanderplatz und die City Ost einmal von oben fotografieren wollten.
Noch 2010 sollte das traditionsreiche Haus abgerissen, ein weiteres Stück DDR-Architektur plattgemacht werden. Erst Mitte der Zehner-Jahre kam wieder Bewegung in die Geschichte, als Wohnungsnot und Platzmangel in der Stadt immer größer wurden. Erst sollten Flüchtlinge einziehen, dann entstand die Idee eines „Ort für Verwaltung sowie Kultur, Bildung, Soziales und Wohnen“. Preiswerte Wohnungen, ein Rathaus der Zukunft, neue Büros sowie Flächen für Kunst und Kultur sollen hier nebeneinander entstehen.
2022 begann die Sanierung der alten Gebäude. Die jetzt das erste Etappenziel erreicht hat. Das Bezirksamt Mitte teilt am Dienstag mit, dass im Frühjahr die ersten Bestandsbauten an der Otto-Braun-Straße fertig saniert sein und der erste Nutzer – das Finanzamt Berlin-Mitte – in seine neuen Räume einziehen wird. Im Herbst übernimmt dann auch die BIM, die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH, ihre Räume in den frisch sanierten Plattenbau.
Das ist aber erst der Anfang. Das Haus A (an der Karl-Marx-Allee) wird fertiggestellt, hier werden Künstler und verschiedene Initiativen und Institutionen einziehen. 60 wurden aus über 300 Bewerbungen ausgewählt, die Details der Erbbaurechtsverträge für Neubauten, für die Experimentierhäuser, werden derzeit mit dem Land Berlin abgestimmt.

Noch vorhandene Flachbauten auf dem Areal werden nach erfolgter Asbestsanierung abgerissen, dann wird dort und auf dem bisherigen Parkplatz gebaut. In dem Quartier sollen auf einer Fläche von insgesamt 66.000 Quadratmetern mehrere Neubauten entstehen. Zwischen einem 15-geschossigen und einem zwölfgeschossigen Wohnhaus mit rund 330 Mietwohnungen ist an der Otto-Braun-Straße auch ein über 60 Meter hoher Büroturm geplant, in dem künftig das Rathaus des Bezirks Berlin-Mitte einziehen soll. Kosten für die Neubauten: rund 350 Mio. Euro.
Am Haus der Statistik: Rathaus Mitte wird 60 Meter hoch
Mit Sonnenterrassen, grün und luftig: Wie es in dem neuen Stadtquartier einmal aussehen könnte, zeigt eine Animation von Teleinternetcafe, einem Zusammenschluss von vier Berliner Architekten. Offen ist noch, wie das neue Rathaus aussehen wird. Klar ist nur: Es wird ein Hochhaus, 60 Meter hoch. Mit Platz für Bürgeramt, Bibliothek, Kantine, flexibel nutzbaren Bereichen für wechselnde Ausstellungen sowie Flächen für die Fachämter des Bezirksamtes Mitte. Im April wird entschieden, nach welchem Entwurf ab 2029 gebaut wird.

Im Dezember wurden aus 157 eingereichten Unterlagen 20 Entwürfe ausgewählt, in drei Monaten wird dann der Siegerentwurf gekürt. „Mit dem anstehenden Abschluss des Architekturwettbewerbs und der Auswahl eines Siegerentwurfes für das Rathaus der Zukunft können sich die Berlinerinnen und Berliner endlich ein besseres Bild vom neuen und modernen Verwaltungsgebäude und den umliegenden Außenbereich machen“, sagt Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe. ■