Die Fenster im Hotel Radisson Collection an der Berliner Karl-Liebknecht Straße sind dunkel. Seit einem Jahr wohnt hier kein Hotelgast mehr, die Lobby des einst beliebten Hotels in der Mitte Berlins ist eine gut gesicherte Baustelle. Seit sich am 16. Dezember 2022, einem Freitag, in den frühen Morgenstunden etwa eine Million Liter Salzwasser mit einem Riesenknall aus dem geplatzten Riesenaquarium, dem Aquadom, in das Erd- und Untergeschoss des Hotelkomplexes ergossen, ist hier nichts mehr wie es war.
Es war eine Schockwelle, die durch ganz Berlin ging, als die ersten Bilder und Nachrichten von dem Unglück öffentlich wurden. An einem sehr kalten Tag kurz vor Weihnachten hatte sich kurz vor sechs Uhr in der Frühe ein Unglück ereignet, von dem keiner geglaubt hatte, dass es überhaupt möglich sei.
Aquadom geplatzt: tote Fische in Berliner Innenstadt
Wassermassen und Fische ergossen sich nach dem Bersten des Aquariums bis auf die Straße vor dem Hotel, Tausende Fische verendeten in der Kälte. Helfer eilten herbei, um weitere Hunderte Fische in Becken im Keller, die der Nachzucht dienten, aus den Becken unterhalb des Hotels zu retten. Sie drohten wegen des Stromausfalls zu ersticken. Heute haben einige von ihnen ein neues Zuhause im Aquarium des Zoos gefunden.
Es war ein unfassbares Glück im Unglück, dass bei der Katastrophe nur zwei Menschen leicht verletzt wurden. Ein Hotelmitarbeiter wurde von den Wassermassen in den angrenzenden Lindt-Laden gespült, konnte aber schnell von der Feuerwehr unter den Trümmerteilen befreit werden. Doch noch heute sind nicht alle Schäden in den zahlreichen Läden in dem Gebäudekomplex durch die Wassermassen behoben.

Das Ausmaß des Schadens ist auch ein Jahr nach dem Unglück immer noch zu sehen. Viele Geschäfte in dem Gebäudekomplex sind geschlossen und durch Bauzäune abgetrennt. In der Gasse, in der damals die teils tonnenschweren Bruchstücke gesammelt wurden, sind an einem Tag im Dezember Handwerker unterwegs. Im kommenden Frühjahr sollen die Geschäfte zum Großteil wieder öffnen, teilte der Sprecher des Gebäudeeigentümers, Fabian Hellbusch, mit. Das Hotel ist aber nach wie vor geschlossen. Wann es wieder eröffnet, steht noch nicht fest. Derzeit rechnet man mit einer Wiedereröffnung nicht vor Ende 2024.
Eines der ersten Geschäfte, die nach kurzer Zeit wieder am Start waren, war das DDR-Museum. Auch hier hatte es gravierende Schäden gegeben, war die Decke teilweise heruntergekommen. Nach nur dreieinhalb Monaten Umbau und Renovierung konnten es seine Türen wieder öffnen.
Unvorstellbares Unglück glimpflich abgelaufen
„Sich ein Unglück wie das plötzliche Bersten des Großaquariums in der Lobby unserer Berliner Hotels vorzustellen, dafür hätte es vor einem Jahr schon einer besonderen Vorstellungskraft bedurft“, sagte Hellbusch. „Wir sind froh und dankbar, dass es unter dem Strich doch sehr glimpflich ausgegangen ist und es gelungen ist, die Schäden sehr gut und schnell zu regulieren.“ Es bleibe die schöne Erinnerung an den Aquadom, der vielen Menschen über Jahren eine große Freude bereitet habe.
Für manche bleibt vielleicht auch ein bitterer Geschmack, denn die Ursache des Unglücks konnte nicht endgültig geklärt werden. Gutachter und Ingenieur Christian Bonten präsentierte im Oktober drei Schadenshypothesen. Demnach könnte das Aquarium durch das Versagen einer Klebenaht, durch Beschädigungen bei einer Sanierung oder durch eine Austrocknung des Kunststoffes geplatzt sein. Auch eine Kombination der Schäden hielt der Experte für möglich, gab aber zu bedenken: „Wir haben keine eindeutigen Belege für die verschiedenen Schadenshypothesen.“ Wie bei einem großen Puzzle hatte Bonten die Bruchstücke monatelang zusammengesetzt und untersucht.

Die Staatsanwaltschaft stellte ihre Ermittlungen im Oktober ein. Die Behörde hatte geprüft, ob es mögliche Verantwortliche gibt oder ob jemand fahrlässig gehandelt haben könnte. Die Versicherung übernimmt den entstandenen Schaden. Beim Wiederaufbau aber wird es kein neues Aquarium in der Hotellobby geben, so viel ist klar. Die riesigen Stahlstützen des Aquariums sollen in einen neuen Entwurf integriert werden.
An anderer Stelle in Berlin wird das Konzept eines gigantischen Indoor- Aquariums allerdings weiter verfolgt: Die Initiatoren eines geplanten Hotels mit Aquarium mit dem Namen „Ocean Berlin“ in Berlin-Lichtenberg sind davon überzeugt, dass ihr Aquarium hält. Für Anfang 2026 ist die Eröffnung des Aquariums geplant, wie eine Sprecherin vom israelischen Unternehmens Coral World auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Es seien mehrere Becken mit insgesamt etwa zehn Millionen Liter Wasser geplant. Eine Auswahl von 3000 Fischen sei bereits getroffen worden. Das größte Becken soll den Angaben zufolge 7,5 Millionen Liter fassen - mehr als siebenmal so viel wie der Aquadom.