Vor wenigen Tagen machte die Friedrich-Bergius-Schule in Friedenau Schlagzeilen. Die Lehrer schrieben einen öffentlichen Brandbrief, berichteten von Schüler-Gewalt gegen andere Schüler und Lehrer, überforderten Eltern und einer explosionsartigen Zunahme von unentschuldigten Fehlstunden und -tagen. Eine Schule in Nürnberg hat zumindest das Zuspätkommer-und Schulschwänzer-Problem in den Griff bekommen – mit Bußgeldern, die die Schüler selbst zahlen müssen.
In den beiden Monaten nach den Sommerferien liefen in der Friedrich-Bergius-Schule 489 Tage unentschuldigte Fehltage auf. 16 Schulklassen zwischen der 7. bis 10. Klasse gibt es hier. Schüler fehlten für Stunden oder ganze Schultage. Negativ-Spitzenreiter: eine 9. Klasse. Allein in dieser Klasse wurden 112 unentschuldigte Fehltage und 287 Fehlstunden vermerkt.
5 Euro zahlen Schüler, die unentschuldigt fehlen
Wann und in welchen Fällen Bußgelder für Zuspätkommen oder Schulschwänzen verhängt werden, ist nach Angaben des Deutschen Lehrerverbandes von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Aktuell habe Berlin seine Regelungen verschärft, sagt Präsident Stefan Düll. Ab der dritten Verspätung gelten diese ihm zufolge als Fehlstunde, die Fehlstunden könnten sich wiederum zu unentschuldigten Fehltagen summieren.
Nach fünf unentschuldigten Fehltagen pro Halbjahr könne die Schule eine Schulversäumnis-Anzeige beim Schulamt stellen, deren Konsequenz Bußgelder sein könnten. „Die Berliner Maßnahme soll ein Zeichen setzen, dass man nicht länger gewillt ist, tatenlos zuzuschauen“, sagt Düll. Doch ein Problem an dieser Regelung fällt sofort auf: Es dauert ewig, bis es überhaupt zu Konsequenzen kommt. Und die Bußgelder (bis zu 2500 Euro), die dann gefordert werden können, sollen vor allem die Eltern treffen.
Das Nürnberger Dürer-Gymnasium regelt das anders. Wer hier schwänzt, merkt das an seinem eigenen Portemonnaie – und das sofort. Fünf Euro Bußgeld! Das müssen Schüler in Nürnberg blechen, wenn sie ständig unentschuldigt zu spät zum Unterricht kommen. Die Ankündigung von Schulleiter Reiner Geißdörfer hatte im Frühsommer Wellen geschlagen. Nun, einige Monate später, fällt nicht nur sein Fazit positiv aus. Auch von der Schülervertretung hört man, dass die Zahl der Zuspätkommer und Schulschwänzer deutlich zurückgegangen ist. Kein Bock auf Schule: Bekommt man diese Haltung nur mit Strafen in den Griff?

Um Strafe gehe es ihm im Grunde eigentlich nicht, erläutert Geißdörfer gleich zu Anfang des Gesprächs. „Es ist nicht so, dass wir die Peitsche auspacken und draufhauen“, sagt er. „Wir haben zu viele Kinder, die aus welchen Gründen auch immer, es an der Schule nicht packen.“ Verweise seien denen egal, sagt Geißdörfer. „Aber die fünf Euro Bußgeld ärgern die richtig.“ Das Bußgeld sei aber ein letztes Mittel nach einer langen Kette von Gesprächen mit Eltern, Lehrkräften, Schulpsychologen, Sozialpädagogen und anderen Stellen. Bisher sei es erst in Einzelfällen verhängt worden und gelte nur für die 9. bis 11. Klasse, sagt Geißdörfer.
Schülervertreter sind für Bußgeld
Bewirkt habe die Ankündigung vor allem, dass es eine größere Aufmerksamkeit für das Problem gebe, sagt er. Es werde nun lückenlos digital dokumentiert, welche Schüler im Unterricht unentschuldigt fehlten oder zu spät erschienen. Das diene auch zur Früherkennung von Problemen. „Wenn Schüler auffallen, ist es meist schon zu spät.“ Bei etwa fünf bis zehn Prozent der Schüler beobachte er ein Desinteresse an Schule, was dazu führen könne, dass diese trotz Begabung keinen Schulabschluss schafften.
Im Dürer-Gymnasiums wurden im vergangenen Jahr, vor Einführung des Bußgeldes, 1500 Unterrichtsversäumnisse wegen Zuspätkommens oder Fehlen an ganzen Tagen angezeigt, nach fast 1250 im Jahr zuvor. Im Vergleich: 2019 (also vor Corona) waren es rund 800.




