Die Ente ist wieder los! Im Palazzo Berlin startet die neue Saison. „Unikate“ heißt die Show, die uns dieses Jahr im Spiegelpalast von Kolja Kleeberg und Hans-Peter Wodarz aufgetischt wird. Lassen Sie sich ruhig abholen: Regisseur Karl-Heinz Helmschrot hat sich viele schöne Dinge ausgedacht. Er entfesselt ein Spektakel voller Kontraste und Überraschungen. Von prickelnder Akrobatik bis hin zu spritziger Comedy und Live-Musik. Es ist also wieder für jeden was geboten – mal explosiv, mal sanft, aber immer einzigartig. Los ging es mit einer großen Promi-Premiere am 9. November. Der Berliner KURIER sprach mit dem Palazzo-Gastgeber Hans-Peter Wodarz.
Überall wird geschnieft und gehustet, du wirkst topfit. Wie schafft man das zu so einer wichtigen Premiere?
Ich scheine wirklich Glück zu haben. Neulich war ich über 45 Minuten in der Röhre, und danach sagte der Professor: „Herr Wodarz, Ihre Lungen könnten glatt als die eines Teenagers durchgehen!“ Und das, obwohl ich rauche! Meine Leberwerte? Tipptopp. Die Schilddrüse? Ebenso. Sie haben wirklich alles gecheckt und nichts gefunden. Es sind sicher die Gene – und dann hält mich meine Tochter Sophia-Elisabeth fit. Sie ist jetzt 13 und tanzt begeistert im Kinderballett des Friedrichstadt-Palasts. Da bleibt man selbst nicht ruhig auf dem Sofa liegen.
Wundert niemanden, dass du in Schwung bleibst. Ihr startet eure große Palazzo-Premiere am 9. November. Warum genau an diesem schicksalsträchtigen Datum?
Der 9. November ist ein riesiger Tag für Deutschland – und für Berlin. Deswegen wollten wir genau an diesem Tag Premiere feiern.
Warum wolltest DU an diesem Tag Premiere feiern?
Ich verbinde selbst viel mit diesem Datum. 1989 war ich im Oktober in Moskau und habe dort mit dem Star-Fotografen Helmut Newton an einer großen Ausstellung gearbeitet. Beim Abschied meinte er zu mir: „Ich sage dir, in zwei bis drei Jahren fällt die Berliner Mauer.“ Und dann fiel sie nur vier Wochen später! Das vergisst man nicht. Und es trifft sich ja auch gut, dass das Helmut-Newton-Museum heute in Berlin keine 300 Meter vom Palazzo entfernt ist.
Palazzo und die Perestroika
Eine schöne Anekdote …
Ja, bei der Eröffnung im Puschkin-Museum habe ich übrigens mit acht Köchen des Restaurants „Ente“ aus Wiesbaden die Gäste verwöhnt. Und ein Russischer Politiker sagte mir in gebrochenem Deutsch: „Ich wusste nicht, dass Perestroika so gut schmeckt!“ Der 9. November ist und bleibt einfach magisch für mich.

Kulinarisch gibt es dieses Jahr weniger deutsches oder russisches als vielmehr italienisches Flair, richtig?
Genau, Palazzo heißt ja übersetzt Palast und kommt aus dem Italienischen. Trotzdem sind wir über 15 Nationen im Spiegelzelt – bei 80 Mitarbeitern. Jeder bringt etwas von sich selbst in die Show, auch wenn zwischen manchen Ländern gerade Spannungen herrschen. Noch vor Corona saßen bei unserer Premiere die Botschafter von Russland, der Ukraine und Israel friedlich nebeneinander. Das wünsche ich mir wieder, auch wenn es gerade schwer vorstellbar ist.
Apropos starke Persönlichkeiten – der Tod von Christoph Daum muss dich tief getroffen haben …
Absolut. Christoph gehörte einfach dazu. Jedes Jahr war er zuletzt bei der Premiere dabei, er hat sich die Shows nicht entgehen lassen. Viele, die ihn kannten, werden jetzt am 9. November kommen. Sein Verlust trifft mich wirklich.

Christoph Daum kam gern zu Palazzo
Auch dein Freund und Kollege Alfons Schuhbeck erlebt gerade harte Zeiten. Er muss womöglich länger im Gefängnis sitzen. Es geht um Insolvenzverschleppung und Betrug. Hast du noch Kontakt zu ihm?
Leider nicht mehr. Der Kontakt ist vor anderthalb Jahren abgerissen, aber wir haben zusammen viel erlebt, gekocht und gelacht. Ich finde es tragisch, was ihm jetzt widerfährt. Das wünscht man niemandem.

Freunde kommen und gehen, aber die Ente auf dem Teller, die bleibt, oder?
(Lacht) Oh ja, die Ente bleibt! Einmal hatten wir sie von der Karte genommen, und die Gäste haben protestiert. Unsere Enten kommen übrigens von einer kleinen Farm in Frankreich. Wir haben jahrelang verschiedene Anbieter getestet, und dieser Züchter hat uns überzeugt. Die Qualität ist einfach top.
Eine Frage, die die Szene spaltet: Tradition gegen Innovation. Was denkst du?
Jeder muss seinen eigenen Stil finden. Tim Raue etwa steht für Innovation, Herbert Beltle für Beständigkeit – beide sind erfolgreich, und das ist doch wunderbar. Am Ende zählt, ob die Gäste zufrieden sind. In Berlin gibt es inzwischen unzählige Sterne-Restaurants, aber auch Läden wie die „Paris Bar“ oder das „893 Ryōtei“ von The Duc Ngo sind brechend voll. Die Mischung macht es.
Auch die Gäste haben ihren Anteil am Erfolg?
Da muss sich nur bei Palazzo umschauen. Wir sind ja nicht billig. Die Ticketpreise inklusive des Vier-Gänge-Menüs von Kolja Kleeberg liegen bei 99 bis 151 Euro. Es gibt ausgesuchte Getränke-Arrangements ab 25 Euro pro Person. Und trotzdem haben wir den Spiegel der Gesellschaft bei uns. Alle wollen kommen und legen sich ins Zeug.
Wer kommt?
Zu uns kommen Leute, die sparen extra dafür, weil sie es unbedingt erleben wollen. Und dann haben wir Stammgäste, die kommen seit drei Jahrzehnten. Die reisen zum Teil extra an, die kommen aus München, aus Hamburg, aus Wiesbaden. Die kommen mit dem Flieger, nehmen sich hier ein Hotel. Und diese Mischung des Publikums, die wir haben, ist einfach sensationell.
Palazzo-Gastgeber Wodarz blickt wehmütig aufs KaDeWe
Berlin hat sich kulinarisch stark verändert. Gibt es etwas, das du vermisst?
Ja, ganz klar. Neulich war ich im KaDeWe, und es hat mir fast das Herz gebrochen: Die bekannte Lenôtre-Backwaren-Theke? Weg. Wurst- und Fleischtheke? Weg. Auch die Lebensmittelabteilung der Galeries Lafayette ist Vergangenheit. Immer mehr kleine Bäcker und Metzger machen dicht. Das tut mir in der Seele weh. Ich habe ja selbst als Koch 1971 im KaDeWe gearbeitet.
Aber Currywurst gibt’s zum Glück noch!
Klar! Einmal die Woche gönne ich mir eine bei „Curry 36“ am Zoo. 1971 war übrigens ein wichtiges kulinarisches Jahr für Deutschland. Mein Großer Lehr-Chef, der Jahrhundert-Chef Eckart Witzigmann, eröffnete das Restaurant „Tantris“ in München, und im gleichen Monat wurde das erste McDonald's in Deutschland eröffnet, ebenfalls in München. Beide Gastro-Styles haben sich durchgesetzt.

Zurück zu Palazzo – was können die Gäste in dieser Saison erwarten?
Die Show heißt „Unikate“ und ist genau das: einzigartig. Unsere Künstler haben unglaubliche Ausstrahlung und beeindrucken mit ihren Talenten. Es ist ein Fest für alle Sinne: Musik, Tanz, Artistik, Essen und Trinken. Und das zieht. Für viele ist das wie eine kleine Flucht aus dem Alltag – das Besondere an Palazzo ist eben, dass wir die Sehnsucht nach dieser Mischung aus Genuss und Unterhaltung in jedem wecken.
Man hört raus, dass dir die Gäste am Herzen liegen. Was bedeutet dir Freundschaft?
Sehr viel. Ich habe in all den Jahren unzählige Bekanntschaften gemacht, daraus sind zum Teil enge Freundschaften entstanden. Ich habe etwa acht bis zehn Menschen, die ich zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen könnte. Mein engster Freund ist Bruno Henrich, ein Gastronom aus Wiesbaden, mit dem ich schon als 14-Jähriger zusammen gearbeitet habe. Wir haben zusammen gelernt. Solche Freundschaften sind unbezahlbar.

Palazzo-Chef Wodarz feiert auch privat gern mit Freunden
Und wie sieht ein Abend unter Freunden bei dir aus? Kocht ihr zusammen, oder lässt du dich auch gern mal verwöhnen?
Ich werde oft eingeladen – und die Gastgeber sind dann meistens so nervös, wenn sie wissen, dass ich komme. Ich liebe das. Da wird sich richtig Mühe gegeben, und ich kann einfach genießen und mich mal überraschen lassen. Das ist für mich Luxus.

Kolja Kleeberg, dein Partner bei Palazzo, ist kürzlich auf der Kantstraße angegriffen und übel verprügelt worden. Fühlst du dich noch sicher in Berlin?
Mich betrifft das vielleicht weniger … also, ich fühle mich sicher. Allerdings erinnere ich meine Frau und meine Tochter immer daran, wachsam zu sein.
Was wünschst du dir für Berlin?
Dass die Vielfalt bleibt. Es gibt inzwischen so viele wunderbare Restaurants und noch mehr Menschen, die dafür brennen. Berlin war und ist kulinarisch besonders – und das wünsche ich mir für die Zukunft.
Das Interview führte Karim Mahmoud
Gäste bei der Palazzo-Gala-Premiere am 9. November in Berlin waren unter anderem die vier Ex-Regierenden von Berlin: Walter Momper, Klaus Wowereit, Franziska Giffey und Michael Müller. Außerdem Sheila Wolf, Micaela Schäfer, Dagmar Frederic, Tini Gräfin Rothkirch, Angelica Camm-Daum, die Holocaustüberlebende Margot Friedländer (bekam eine Torte zum 103. Geburtstag), Maren Gilzer, Jo Groebel und Grit Weiss, Oliver Kalkofe, Kim Fisher, Britt Kanja und Alice Brauner.

Das Vier-Gänge-Menu sieht dieses Jahr so aus: Bunter Linsen-Brotsalat mit confierter Tomate, frischen Kräutern und marinierten Austernpilzen (Vorspeise). Risotto von Fregola sarda mit Spinat, Orange und sautierten Garnelen in Krustentierschaum (Zwischengang). Confierte Entenkeule an Balsamico-Jus mit überbackenen Polentatalern und Wurzelgemüse (Hauptgang). Tiramisu „Palazzo“ mit Senf-Erdbeeren und Mascarponeeis (Dessert). Für Vegetarier gibt es als Zwischengang: Risotto von Fregola sarda mit Spinat, gebackenem Tofu, grünen Oliven und Tomatenfond. Und als Hauptgang: Geschmorter Kürbis an Pastinakenpüree, glasiertem Wurzelgemüse und Balsamicojus.