Haben Sie den Stichtag auf dem Schirm? Am 1. Juli 2024 droht Millionen Deutschen das Fernseh-Aus. Der Grund ist eine gesetzliche Frist, die dann ausläuft. Und die rund zwölf Millionen Mieter den TV-Anschluss kostet. Aber der Reihe nach. KURIER klärt die wichtigsten Fragen – und erklärt, wie Sie auch ab dem 1. Juli noch die TV-Shows „Tatort“, „Wer wird Millionär?“ und Co. schauen können.
Um was für eine Frist handelt es sich, durch die Millionen Deutschen das TV-Aus droht?
Es geht um das sogenannte Nebenkostenprivileg. Jahrelang betraf diese Praxis circa zwölf Millionen Mieter. Nun endet das in den 80ern eingeführte Nebenkostenprivileg, das den Kabelnetzbetreibern Vodafone und Tele Columbus einen Vorteil beschert hat. Am 1. Juli läuft die gesetzliche Frist aus – ab dann dürfen Vermieter die TV-Gebühren nicht mehr auf die Nebenkosten umlegen. Und damit verlieren zwölf Millionen Mieter ihren TV-Anschluss.
Gibt es nach dem 1. Juli 2024 kein Kabelfernsehen mehr?
Doch. Aber Mieter haben dann die Wahl, ob sie es nutzen möchten oder nicht. Bisher musste die Kabelgebühren jeder Mieter zahlen, dessen Vermieter das so wollte – selbst wenn der Mieter das lineare Fernsehen gar nicht mehr nutzt. Manche Mieter zahlten zwar doppelt – also für den ungenutzten Kabelanschluss und für einen anderen Übertragungsweg, der mehr Möglichkeiten bot. Jetzt kann man auch ohne Kabelanschluss über Streamingdienste und Internetfernsehen Filme, Serien und Nachrichten schauen.
Wird Fernsehen dann teurer?
Ja. Denn diesen Vorteil hatte das Nebenkostenprivileg: Weil die Vermieter mit den Kabelanbietern große Verträge mit vielen Nutzern abschlossen, war der Durchschnittspreis pro Wohnung niedrig – bei Vodafone waren es Firmenangaben zufolge bislang sieben bis neun Euro.
Künftig sollen es acht bis zehn Euro sein – vorausgesetzt, es wird eine der neuen Vereinbarungen genutzt, die eine gewisse Menge an Abnehmern enthält. Hierfür sind die Kabelanbieter Kooperationen mit Wohnungsbaugesellschaften eingegangen. Liegt hingegen kein Rahmenvertrag vor und ist der Mieter als Einzelkunde auf sich allein gestellt, muss er bei Vodafone künftig monatlich knapp 13 Euro berappen.
Was ist der Vorteil von Fernsehen über Kabelanbieter?
Im Kampf um die Kundengunst setzen die Platzhirsche Vodafone und Tele Columbus (Marke PŸUR) auf die Macht der Gewohnheit. „Die Marktforschung zeigt, dass viele Mieter eher „Fernseh-Puristen“ sind, denen ihre gewohnten Programme wichtiger sind als Streamingdienste oder Internetfernsehen“, hofft Vodafone-Manager Marc Albers. „Niemand möchte Kabel umstecken, zusätzliche Geräte installieren, eine zweite Fernbedienung verwenden oder Programme neu sortieren. Beim Fernsehempfang über Kabel bleibt alles so, wie es ist.“

Was ist der Vorteil von Fernsehen über den Internetanschluss?
Wer einen Internetanschluss hat, kann zum Beispiel über Waipu.tv oder Magenta TV der Telekom Zugriff auf eine Vielzahl von Fernsehsendern und Streamingdiensten bekommen. „Anders als beim Kabelfernsehen sind Magenta-TV-Kunden nicht an einen Ort wie das Wohnzimmer gebunden“, sagt Telekom-Manager Arnim Butzen. „Sie sehen fern, wann und wo sie möchten: zu Hause auf dem TV-Gerät, in der Bahn auf dem Smartphone oder auf dem Balkon mit dem Tablet.“
Was bedeutet die Neuerung für die bisherigen Kabelanbieter?
Die Platzhirsche müssen sich auf Kundenverluste einstellen, denn ein Teil der Mieter will heraus aus der bisherigen Pflichtzahlung. Insgesamt hat beispielsweise Vodafone nach eigenen Angaben 13 Millionen Kabelkunden – dessen größter Teil, 8,5 Millionen, muss nun also vertraglich neu geregelt werden. Nicht alle werden bleiben.
Welche Chancen bietet die TV-Neuerung für Alternativ-Anbieter?
Die Wettbewerber hoffen auf einen möglichst großen Anteil am Markt, der bisher fest in der Hand von Vodafone & Co. ist. „Nach unserer Einschätzung könnten die Kabelanbieter bis zu zwei Drittel ihrer TV-Haushalte verlieren“, sagt Telekom-Mann Butzen. „Der Wegfall des Nebenkostenprivilegs ist für unser TV-Angebot eine große Chance, wir können nur gewinnen.“ Man rechne mit einem deutlichen Kundenzuwachs.
Und was ist, wenn Kunden bis zum 1. Juli keinen neuen Vertrag mit einem Fernsehanbieter abschließen?
Wenn die Frist verstreicht und noch keine vertragliche Neuregelung oder noch kein Wechsel auf einen anderen Übertragungsweg erfolgt ist, droht das komplette TV-Aus. Die Abschaltungen erfolgten sicherlich „nicht auf einen Schlag“, erklärt Tele-Columbus-Pressesprecher Sebastian Artymiak. „Richtig ist aber, Kabelanschlüsse ohne Vertrag werden schlussendlich stillgelegt.“ ■