Union-Kolumne

Endlich! Der 1. FC Union befreit sich von einem eisernen Horror

Das 1:0 in Köln war der erste Sieg der Köpenicker überhaupt an einem 15. Bundesliga-Spieltag, der sonst eher zum Gruseln war.

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Andras Schäfer (r.) trifft zum 1:0 in Köln und ballert so den Horror des 1. FC Union an 15. Bundesliga-Spieltagen weg.
Andras Schäfer (r.) trifft zum 1:0 in Köln und ballert so den Horror des 1. FC Union an 15. Bundesliga-Spieltagen weg.TEAM2sportphoto/imago

Wahrscheinlich gehen die Lieder beim Weihnachtssingen diesmal noch ein wenig gelöster als zuletzt über die Lippen der Union-Familie. Auf jeden Fall wird die Stimmung entspannter als vor einem Jahr und noch gelöster als vor zweien, als die Tabellensituation nicht so prickelnd war und Anlass zur Sorge gab. Erst recht verbietet sich ein Vergleich mit der Atmosphäre von vor 22 Jahren, bei der Premiere, als es sportlich in einer tieferen Spielklasse, dort in einer tieferen Tabellenregion ans Eingemachte ging und der Weg in die Drittklassigkeit vorgezeichnet war.

Für 40 Punkte reichen jetzt 19 Unentschieden

Gäbe es beim Weihnachtssingen eine Champions League, die Köpenicker spielten dort wie selbstverständlich mit. Sie wären Stammgast dort und hätten gute Chancen auf den Titel. Trotzdem hängt das eine mit dem anderen eng zusammen. Je erfolgreicher die Profis mit den Füßen, desto geschmeidiger die Fans mit den Kehlen und ihren Stimmbändern. Normalerweise. Wobei man das bei den Anhängern der Eisernen nie so recht weiß. Sie feiern selbst dann Feste, wenn es keine zu feiern gibt. Weil sie so sind, wie sie sind.

Mit seinem 2:1 stellt Ilyas Ansah für den 1. FC Union die Weiche auf Sieg gegen RB Leipzig.
Mit seinem 2:1 stellt Ilyas Ansah für den 1. FC Union die Weiche auf Sieg gegen RB Leipzig.Jan Huebner/imago

In diesen Weihnachtstagen jedoch gibt es weitgehend Harmonie. Die beiden Siege gegen Leipzig (3:1) und in Köln (1:0) sorgten dafür, dass man schon gute Augen haben muss, um in der Tabelle ganz nach unten zu blicken. Sicher ist dabei nichts, aber für Freaks, die es gern mal schräg haben, dies: Um auf die magischen 40 Punkte zu kommen, die für den sicheren Klassenerhalt stehen, braucht es keinen Sieg mehr. 19 Unentschieden, so die gewagte Rechnung, würden reichen. Vergessen wir das lieber wieder ganz schnell.

Der 15. Spieltag war eher der blanke Horror

Was aber Fakt ist: Der Dreier beim Effzee war der erste Union-Sieg in der Bundesliga an einem 15. Spieltag. Und erst der macht die Lage so erfreulich. Was hat es in den Vorjahren gerade in dieser Runde für Stimmungskiller gegeben!

Ein 1:1 in Paderborn beim damaligen Schlusslicht; ein 2:2 zu Hause gegen Wolfsburg nach Überzahl und 2:1-Führung; ein 0:1 beim abgeschlagenen Tabellenletzten Fürth; ein 1:4 in Freiburg mit zwei Elfmetern gegen Union, Platzverweis gegen Diogo Leite und einem vergebenen Elfer von Robin Knoche; ein blamables 0:3 in Bochum; das 1:4 in Bremen, das vor einem Jahr Bo Svensson nach nur sechs Monaten den Job als Trainer kostete.

Mathematisch Blödsinn, rechnerisch sinnvoll

Alles also Friede, Freude, Eierkuchen in Köpenick, nachdem die Stolperschwelle 15. Spieltag erstmals überwunden wurde? Ja und nein. Ja, weil das Team um Kapitän Christopher Trimmel an Stabilität gewonnen hat. Nein, weil es trotzdem noch eng werden kann. Einmal mehr aber wird deutlich, dass Punkte gegen unmittelbare Konkurrenten – rein mathematisch natürlich Blödsinn, rechnerisch aber durchaus sinnvoll – doppelt zählen. In dem Sinne nämlich, dass beim eigenen Sieg der Gegner leer ausgeht.

Nehmen wir nur das Beispiel Heidenheim. Wäre es beim 1:0, wie es bis kurz vor dem Abpfiff stand, geblieben, wäre das Team aus Ostwürttemberg punktgleich mit Mainz Tabellenletzter und für die Eisernen ein Abstiegsplatz 16 Punkte (!!!) weg. Nehmen wir aber das Beispiel St. Pauli, ergibt sich ein völlig anderes Bild. Hätte es dort bei einem eher schwachen Auftritt eine Niederlage gegeben, würde das Polster auf den Relegationsplatz ganze vier Zähler betragen. Verrückt, oder?

Augen auf, gegen wen man sich besonders ins Zeug legt

Das starke 2:2 bei Bayern hilft Urs Fischer und Mainz 05 wenig, weil ihm nur ein 0:0 gegen St. Pauli folgte.
Das starke 2:2 bei Bayern hilft Urs Fischer und Mainz 05 wenig, weil ihm nur ein 0:0 gegen St. Pauli folgte.imago/Frey-Pressebild/Deines

Eine ähnliche Rechnung könnte Mainz, das neue Team von Unions Ex-Trainer Urs Fischer, aufmachen. Natürlich jubelten die Nullfünfer über das sensationelle 2:2 bei Bayern München. Was aber hat es ihnen, nachdem es im Kellerduell gegen St. Pauli beim 0:0 auch nur einen Punkt gegeben hat, gebracht, außer einer kurzen Aufmerksamkeit? Hätten die Mainzer gegen die Bayern standesgemäß verloren und gegen die Kiezkicker ebenso standesgemäß drei Punkte geholt, würde der Abstand auf den Relegationsplatz zwei Zähler betragen. Bei derzeitigem Stand aber sind es vier.

Deshalb: Augen auf, gegen wen man sich besonders ins Zeug legt. Das ging für die Eisernen in Köln grandios auf, weil auf den Effzee nun fünf Zähler Abstand sind. Eine Menge Holz. Klappt es auch am 10. Januar zu Hause gegen Mainz, wäre das – Mathematiker, nicht weiterlesen bitte – ein Sechs-Punkte-Start ins neue Jahr. Ach was, jetzt ist erst einmal Weihnachten …