Wie gewonnen, so zerronnen! Die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa und das russische Team verlieren wohl ihr Olympia-Gold! Nach einem quälendem Hickhack über fast zwei Jahre hat der Internationale Sportgerichtshof CAS eine Vier-Jahres-Sperre für die 17-Jährige ausgesprochenen. Die Weltdopingagentur WADA feiert damit laut eigenen Angaben einen bahnbrechenden Erfolg im Kampf gegen „Kinderdoping“.
Die Russen reagierten hingegen empört, sprachen von einer politisch motivierten Entscheidung - und von einer „Kriegserklärung“ gegen den russischen Sport.
Sportgerichtshof stellt Verstoß gegen Anti-Doping-Gesetze fest
Die dreiköpfige Sportrechtskammer im Schweizer Lausanne stellte fest, dass Walijewa „einen Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen“ Russlands begangen habe. Der Beginn der Sperre wurde auf den 25. Dezember 2021 festgesetzt, Walijewa dürfte also theoretisch bei Olympia 2026 in Mailand starten - so Russen und Russinnen dann überhaupt zugelassen sind.
Der Fall hatte seit Bekanntwerden für riesigen Wirbel gesorgt: Einen Tag nach dem vermeintlichen Olympiasieg Russlands im Teamwettbewerb der Winterspiele von Peking, bei dem die damals 15-Jährige als erste Eiskunstläuferin bei einem olympischen Wettbewerb einen Vierfachsprung gestanden hatte, war ein positiver Dopingtest des Eis-Wunderkindes veröffentlicht worden.
Eis-Wunderkind will aus Glas von herzkrankem Großvater getrunken haben
Demnach war bei einer Probe im Rahmen der nationalen Meisterschaften im Dezember 2021 bei Walijewa Trimetazidin festgestellt worden. Mit dem Mittel soll die Leistung des Herzens steigerbar sein, laut weltweitem Anti-Doping-Code ist es verboten. Die Begründung von Walijewas Verteidigern: Die junge Eiskunstläuferin aus einem Glas getrunken, aus dem ihr herzkranker Großvater zuvor angeblich sein Medikament eingenommen hatte.
Die Medaillen nach dem Teamwettbewerb wurden in Peking nicht vergeben. Da der CAS entschied, dass Walijewa alle seit dem Positivtest gesammelten „Titel, Auszeichnungen, Medaillen, Preis- und Antrittsgelder“ aberkannt werden, wird Gold nun wohl auch nicht an Russland gehen.
Russland spricht von Kriegserklärung gegen russischen Sport
Auch deshalb schickten das Russische Olympische Komitee (ROC) und der Kreml am Montag prompt giftige Botschaften. „Dem russischen Sport ist der Krieg erklärt worden“, und dafür seien offenbar „alle Mittel recht“, teilte das ROC mit. „Natürlich sind wir damit nicht einverstanden. Aus meiner Sicht ist es eine politische Entscheidung“, sagte Dmitri Peskow, Sprecher von Präsident Wladimir Putin laut russischen Nachrichtenagenturen.
Derzeit schwelt der Dauerstreit, ob und wie Sportler und Sportlerinnen aus Russland angesichts vielfältiger Dopingskandale und auch des Angriffskrieges gegen die Ukraine wieder zu internationalen Sportveranstaltungen zugelassen werden. Bei Olympia 2024 in Paris dürfen Russen als neutrale Athleten unter Auflagen starten.
Russische Doping-Agentur hatte auf Strafe verzichtet
Russlands Verhalten in der Doping-Causa Walijewa war letztlich Auslöser dafür, dass die Affäre in Lausanne landete. Die Russische Anti-Doping-Agentur (RUSADA) hatte im Januar 2023 auf eine Strafe für Walijewa verzichtet, die Welt-Anti-Doping-Agentur und der Eiskunstlauf-Weltverband ISU zogen vor den CAS. Die Anhörung war Ende September nach drei Gerichtstagen um mehrere Wochen vertagt worden.
Die WADA begrüßte allerdings nun das Urteil und teilte mit: „Kinderdoping ist unverzeihlich.“ Walijewa galt als in Peking 15-Jährige gemäß des Welt-Anti-Doping-Codes als „geschützte Person“, dennoch wurde ihr Fall öffentlich. Eine Ad-hoc-Kommission des CAS ließ Walijewas Einzelstart in Peking zu, unter dem Druck der Öffentlichkeit und unter Tränen stolperte sie in der Kür mehrfach und fiel von Platz eins nach dem Kurzprogramm auf Rang vier zurück.
Zwei Jahre später hat die Affäre nun ein Ende - womöglich aber nur ein vorläufiges. Die Entscheidung des CAS ist zwar bindend, die Parteien haben aber das Recht, aus verfahrensrechtlichen Gründen innerhalb von 30 Tagen Beschwerde beim Schweizerischen Bundesgericht einzulegen.