WM ohne Vier

Julian Nagelsmann: Tabula rasa in der Nationalmannschaft

Bundestrainer muss für die Operation WM-Titel 2026 das Team nach vier Rücktritten schon wieder mächtig umbauen.

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Bundestrainer Julian Nagelsmann muss in den Nations-League-Spielen nächste Woche vier Langzeitstützen der Nationalelf ersetzen.
Bundestrainer Julian Nagelsmann muss in den Nations-League-Spielen nächste Woche vier Langzeitstützen der Nationalelf ersetzen.Tom Weller/dpa

Tabula rasa kennt Julian Nagelsmann. Im März zockte der Bundestrainer ziemlich wild und erfolgreich. Die Siege in den Länderspielen in Frankreich (2:0) und gegen die Niederlande (2:1) weckten die so lange vermisste Euphorie rund um die Nationalmannschaft. Diese ging auch bei der Heim-EM nicht verloren. Nicht mal nach dem Viertelfinal-Aus gegen Spanien (1:2 n. V.). Alles Geschichte. Für Nagelsmann ist schon wieder März.

„Wir wollen Weltmeister werden.“ Dieser Satz von Julian Nagelsmann nach dem Spanien-Aus hallt im Gedächtnis nach. Er macht Mut und Hoffnung. Der Bundestrainer sagte ihn, obwohl er wusste, dass dieses Ziel wohl ohne seine Stützen des EM-Teams erreicht werden muss. Knapp sechs Wochen später hat er Gewissheit.

Auch Ilkay Gündogan (l.) wird von Trainer Julian Nagelsmann nicht mehr nominiert werden.
Auch Ilkay Gündogan (l.) wird von Trainer Julian Nagelsmann nicht mehr nominiert werden.Bernd Weißbrod/dpa

Nagelsmann muss die Weltmeister-Elf ohne Kroos, Müller, Neuer und Gündogan finden

Dass Toni Kroos nicht mit zur WM 2026 in den USA, Kanada und Mexiko fahren wird, war klar. Ebenso war es bei Thomas Müller und bei Manuel Neuer hat man es geahnt. Der Rücktritt von Ilkay Gündogan, gerade erst so richtig im Team angekommen, überrascht dann aber doch. Egal, wie vorbereitet Nagelsmann auf das Tschüss der Stars ist, neue Säulen muss er nun schaffen.

Mit sechs Neulingen überraschte er einst im März. Robert Andrich (Leverkusen), Alexander Pavlovic (FC Bayern), Waldemar Anton (damals Stuttgart, jetzt Dortmund), Maximilian Mittelstädt, Denis Undav und Chris Führich (bereits im Oktober mal eingeladen/alle Stuttgart) tauchten plötzlich in der deutschen Nationalmannschaft auf. Mit Julian Brandt, Niklas Süle, Mats Hummels und Nico Schlotterbeck war der Dortmunder Block raus.

Was im März gut ging, muss diesmal noch besser gelingen. Nagelsmann fehlen mit Kroos, Müller, Gündogan und Neuer echte Stützen auf und neben dem Platz. Zum Vergleich: Das ist das seit Jahren leidige Problem auf der linken Seite mal vier. Julians Weltmeister-Prüfung beginnt jetzt.

Ohne Florian Wirtz (l.) und Jamal Musiala läuft nix in der Zentrale des deutschen Offensivspiels.
Ohne Florian Wirtz (l.) und Jamal Musiala läuft nix in der Zentrale des deutschen Offensivspiels.Bernd Weißbrod/dpa

Spannend wird Nagelsmanns Lösung für die Zentrale im deutschen Spiel

Im Tor ist die Lösung sicherlich am einfachsten. Marc-Andre ter Stegen wartet schließlich schon ewig auf seine Beförderung. Thomas Müllers sportliche Qualitäten spielten im Team schon längerer Zeit nicht die erste Geige. Aber im Mannschaftsgefüge klafft ohne den Stürmer ein ziemlich großes Loch. Am schwierigsten dürfte die Sache im Zentrum werden.

Kroos und Gündogan waren nach Jahren mit unzähligen gescheiterten Experimenten zwei Volltreffer. Jamal Musiala und auch Florian Witz könnten die offensive Rolle von Gündogan übernehmen. Dann müsste Nagelsmann aber für sie einen Verschiebebahnhof einrichten. Oder er setzt gleich Julian Brandt auf die Zehner-Position. Die Rolle von Toni Kroos könnte Pascal Groß übernehmen. Aber mit 33 Jahren ist der Neu-Dortmunder auch kein Garant für die Zukunft. Vielleicht nicht einmal in zwei Jahren. Bleiben Joshua Kimmich, der schon beim FC Bayern wieder ins Zentrum rückte sowie Robert Andrich und eine mutige Variante: Stuttgarts Angelo Stiller. Mit 23 Jahren ist er bereits eine zentrale Figur bei Vize-Meister Stuttgart, ohne die es bei den Schaben längst nicht so rund läuft wie mit ihm.

Aber vielleicht hat Nagelsmann auch ganz andere Intentionen. Im März hat er alle überrascht und war erfolgreich. Die Nominierung und die anstehenden Nations-League-Spiele gegen Ungarn (7. September) und in den Niederlande (10. September) werden erste Aufschlüsse bringen.