Die Eröffnungszeremonie war würdig und ergreifend. Der DFB ließ Heidi Beckenbauer den EM-Pokal in die Münchner Arena tragen. Es war eine Ehrerbietung für Deutschlands besten Fußballer aller Zeiten – für den im Januar verstorbenen Kaiser Franz Beckenbauer (78). Was dann bei Deutschlands 5:1 gegen Schottland folgte, war die größte Sensation. Toni Kroos (34) huldigte mit seiner perfekten Gala Beckenbauer auf ganz besondere Weise. Es war Tonis Kaiser-Franz-Gedächtnisspiel.
Taktische Disziplin, Eleganz, das dritte Auge für die Mitspieler und eine Passpräzision, die einfach an Beckenbauers legendäre Spielweise erinnerte. Es war von Bundestrainer Julian Nagelsmann eine Meisterleistung, er fand ab Minute 1 das Gegenmittel gegen die hochverteidigenden Schotten. Sein wichtigster Spieler Toni Kroos sollte sich gar nicht auf viele Zweikämpfe im engen Mittelfeld einlassen, sondern sich einfach nach hinten zurückziehen und von dort die Fäden ziehen. Er war quasi Libero, wie einst Beckenbauer.
Kroos galaktisch: 102 Pässe, 101 angekommen
Kroos, der Boss auf dem Platz, er war immer anspielbar. Das gab seinen Mitspielern Sicherheit. Seine Pässe waren wie von einer anderen Welt. Er spielt 102 davon, 101 davon landeten beim Mitspieler. Passquote 99 Prozent. Das ist galaktisch. Als er in der 80. Minute ausgewechselt wurde, standen die Fans im Stadion auf und applaudierten minutenlang und sangen: „Toni! Toni! Toni!“
Der kühle Blonde aus dem Norden, der gebürtige Greifswalder, war nach dem Abpfiff wie immer sachlich. Nagelsmann lobt ihn so: „Toni hat im Kabinentunnel ein paar leisere Worte gesagt, die aber extreme Wirkung haben. Er gliedert sich total in die Gruppe ein. Mit der Vita, die er hat, ist es außergewöhnlich. Es gibt es andere Weltklasse-Spieler, mit denen man Problem hat, sie so in die Gruppe zu integrieren. Der läuft nicht durch die Kabine und sagt: Jetzt bin ich wieder da, jetzt läuft es.“