Grantel-Rolle in Sachen zu kleiner Kader, Beleidigte-Leberwurst-Auftritt im Zoff mit TV-Experten – Thomas Tuchel (50) sammelte als Bayern-Trainer nicht gerade Sympathie-Punkte. Jetzt kommen plötzlich ganz andere Töne. Tuchel ist auf Charme-Offensive, so privat wie nie. Und siehe da: Der selbsternannte Perfektionist ist eigentlich ein ganz normaler Mensch, der vielleicht nur ein paar mehr Macken hat als der Durchschnitt.
Tuchel geht nicht früh ins Bett: „Ich bleibe lange wach, weil ich es liebe, lange wach zu bleiben, auch wenn ich weiß, dass es nicht die gesündeste Sache ist.“
Tuchel – eher der Typ Asket – sündigt schon mal beim Essen: „Manchmal werde ich nach einem Spiel zu nicht gesundem Essen hingezogen, dann esse ich kleine Würstchen mit Senf. Süßigkeiten sind eine große Sache, es fällt mir sehr schwer, nachmittags am Kuchen vorbeizugehen.“
Tuchel wohnt gern in der Nähe seines Arbeitsplatzes: „Das ist mir wichtig. In München wohne ich 15 Minuten entfernt. Je näher ich am Trainingsplatz oder Stadion wohne, desto schöner ist es.“
Tuchel schwört auf Familie
„Wir waren immer mit der ganzen Familie unterwegs, bei jeder Trainerstation. Jetzt hat sich meine Situation leider ein bisschen geändert durch meine Scheidung. Bis dahin war es normal für uns und sehr schön. Wir hatten immer ein Zuhause, wo ich mich sicher und ruhig fühlen konnte, völlig privat. Ich habe mehr und mehr gemerkt, dass ich bestimmte Plätze brauche in einer Wohnung oder einem Haus. Wo ich ein Buch lesen, eine Tasse Kaffee trinken kann.“

Tuchel macht längst nicht alles, was er sich vornimmt: „In Auszeiten zwischen den Jobs dachte ich vorher, ich würde um die Welt reisen, alle Kontinente und alles besuchen, jeden Berg besteigen, Golf lernen, Klavier spielen lernen und was auch immer. Am Ende war es im Grunde so, die Mädchen (seine Töchter/Anm. d. Red.) zur Schule bringen und von der Schule abholen. Alltägliche Dinge haben mir gutgetan.“
Tuchel braucht einen Fernseher für sich: „Normalerweise schaue ich immer nur Fußball. Dazu Dokus über Fußball und über allgemeinen Sport. Man kann auch aus anderen Sportarten lernen oder vieles nachvollziehen.“
Tuchel braucht sein Auto nicht nur zum Fahren: „Je älter ich werde, desto weniger möchte ich Zeit in meinem Auto verbringen, weil es nervig ist, so viel Verkehr. Doch es ist sehr schwierig, mit mir zu telefonieren, weil ich nie antworte. Daher telefoniere ich nur im Auto.“
Tuchel will nicht in die Politik: „Ich könnte das niemals, weil es mich langweilen würde. Ich könnte nicht offen sprechen, es würde sich wie eine ständige Pressekonferenz anfühlen. Das ist nicht meins.“
Tuchel ist gar nicht so, wie er immer rüberkommt: „Ich bin gut darin, faul zu sein. Ich bin gut darin, nichts zu tun, wenn ich keinen Job habe. Es ist schön, Urlaub zu machen, wenn das kein anderer kann. Als Trainer im Profibereich ist man in einer privilegierten Situation, dass man sich das leisten kann.“■