Ein Ständchen bekam Julian Nagelsmann zu seinem kurz bevorstehenden einjährigen Dienstjubiläum als Bundestrainer von Joshua Kimmich, Jamal Musiala und Florian Wirtz noch nicht. Nach dem couragierten 2:2 in den Niederlanden zog es die Nationalspieler schnell wieder zurück nach Hause und zu den neuen großen Aufgaben in Bundesliga und Champions League.
Ein sprichwörtliches Loblied auf den Zeremonienmeister der deutschen Fußball-Wiedergeburt stimmten andere an. „Julian hat alles richtig gemacht“, sagt Rekordnationalspieler Lothar Matthäus und Verbandschef Bernd Neuendorf war sich mit Spielführer Kimmich einig, dass dieses Unentschieden im extremen Power-Spiel gegen den Erzrivalen der letzte Beleg für einen unfassbaren Mentalitätswandel bei der Nationalmannschaft war. Nagelsmann kommentiert das alles übrigens cool: „Wir sind auf einem guten Weg.“
Rekordnationalspieler Lothar Matthäus adelt: „Julian hat alles richtig gemacht“

Zwei Spiele. Vier Punkte. Platz eins. Das sind die Zahlen nach dem Neu-Start nach der Heim-EM in der Nations League. Für Nagelsmann geht es aber weiter um die Entwicklung seiner Mannschaft. Auf drei Dinge setzt er dabei.
Mentalität „Ich finde nichts fürchterlicher, als wenn es einem egal wäre“, sagte Nagelsmann auf die Frage, ob sein Team nach dem 5:0 gegen Ungarn und dem Power-Remis gegen Oranje möglicherweise schon weiter sei, als er es selbst geglaubt habe. Weit ja, aber nicht so weit, merkte der Bundestrainer an.
Was ihm gefallen habe, seien die Einstellung und Bereitschaft. „Der Anspruch an die Mannschaft ist, dass wir alles reinwerfen, das haben die Fans wieder gesehen“, konstatierte der 37-Jährige. Nach dem frühen Gegentor durch Tijjani Reijnders nach nicht einmal zwei Minuten folgte ein Aufbäumen ohne Panik, belohnt mit den Toren von Deniz Undav (38.) und Joshua Kimmich (45.+3). „Nackenschläge sind das Schwerste im Fußball. Die muss man bekämpfen“, sagt Nagelsmann. Seine Arbeit wirkt: „Wir vermitteln den Glauben. Die Spieler glauben an sich.“
Nagelsmann hat ein klares Konzept für die Nationalmannschaft
Konstanz Für Nagelsmann ist der Knackpunkt die Konstanz. Soll heißen, das immer wieder mögliche Abrufen der besten Leistung. Das führe zur „Konstanz der Ergebnisse“. Da sei man noch nicht da, „wo wir sein wollen. Sonst hätten wir gegen Spanien nicht verloren“, erinnerte Nagelsmann an das immer noch schmerzhafte EM-Aus. Sonst hätte man die 2:1-Führung gegen Oranje nicht noch aus der Hand gegeben.
Kooperation Das große Ziel bleibt. Titelfähigkeit zur WM 2026 verinnerlichen. Vorleben. Doch allein wird es nicht gelingen, meint Nagelsmann. Also überraschte er mit einer Bitte an die Vereine. „Am Ende muss man auch als Nationaltrainer voller Demut sagen, dass wir die Klubs brauchen. Durch das Training hier werden wir kein Weltmeister oder auch sonst irgendwas“, sagte Nagelsmann. Seine Möglichkeiten, die Spieler im notwendigen „Flow“ zu halten, seien begrenzt, bemerkte der frühere Bayern-Coach. „Am Ende suche ich mir die Besten aus und versuche, noch Nuancen zu entwickeln.“ ■