Reality-TV-Shows wie „Promi Big Brother“, „Temptation Island“ und „Ex on the Beach“ erfreuen sich beim TV-Publikum großer Beliebtheit – doch nicht jeder kann den Formaten wirklich etwas abgewinnen. Einer, der kritisch mit den Stars des Reality-TV ins Gericht geht, ist Komiker und Parodist Oliver Kalkofe: Der TV-Star („Kalkofes Mattscheibe“) war am Freitag auf dem „Riverboat“ im MDR zu Gast, sprach auch über sein neues Buch „Sieg der Blödigkeit“. Er sprach darüber, ob wir langsam verdummen – und ließ dabei auch kein gutes Haar an den Stars des Reality-TV!
Oliver Kalkofe hat neues Buch geschrieben: Verblödet die Gesellschaft immer mehr?
Oliver Kalkofe hat mit Formaten wie „Kalkofes Mattscheibe“ Fernsehgeschichte geschrieben, Stars und Shows auf besonders intelligente Weise parodiert und veräppelt – doch inzwischen wurmt den TV-Star besonders, dass die Gesellschaft offenbar immer weiter verblödet. Sein Buch „Sieg der Blödigkeit“ trägt den Untertitel „Ist die Vernunft noch zu retten?“ und befasst sich mit genau dieser Frage. „Wir haben uns selber in eine freiwillige Blödigkeit bewegen lassen“, sagte er jetzt auf dem „Riverboat“ im MDR. „Damit meine ich dieses stumpfsinnige Sich-Einlullen-lassen von dem, was von außen passiert.“
Er sei in den 70er-Jahren aufgewachsen – und damals sei die Langeweile förmlich greifbar gewesen. „Die hast du gespürt. Du hast dich immer gefragt: Was kann ich tun, um meine Zeit einigermaßen sinnvoll auszunutzen?“, sagt Kalkofe. Es sei der Grund dafür gewesen, dass er kreativ wurde, malte, Comics zeichnete, Bücher las und Filme schaute. „Aber selbst, wenn man versucht hat, das alles zu machen, war immer noch ganz viel Zeit dazwischen.“ Mit seiner Leidenschaft fürs Fernsehen legte er, wenn auch unbewusst, den Grundstein für die spätere Karriere.

Doch heute bekommt man vieles abgenommen. Er habe sich, berichtet der Komiker, eine Zahnbürste gekauft – und mitbekommen, dass diese über künstliche Intelligenz funktioniert. „Man kann eine App runterladen, die mit mir trainiert und mir sagt, ob ich heute eine super Performance an meiner Zahnbürste hingelegt habe oder nicht.“ Die Zahnbürste zeige kleine Gesichter – und wenn man alles vorschriftsmäßig macht, bekomme man ein lächelndes Gesicht angezeigt. Allerdings könne der Tag auch damit anfangen, „dass deine Zahnbürste dich verachtet“, sagt Kalkofe. „Das ist ein ganz schlimmes Gefühl.“ Er habe bisher kein persönliches Coaching von seiner Zahnbürste gebraucht. „Man braucht nicht für alles eine App!“
Oliver Kalkofe bezeichnet Menschen im Reality-TV als „Generation HORST“
Und auch nicht alles, was im Fernsehen zu sehen ist, begeistert den TV-Experten. Moderatorin Kim Fisher spricht ihn beim „Riverboat“ etwa auf die Tattoos der Influencer an – „die geben dir ja auch zu denken“, sagt sie. Er habe sich überlegt, dass inzwischen eine eigene Generation erschaffen wurde, die den Menschen im Fernsehen präsentiert wird. „Ich nenne sie: Generation HORST“, sagt Oliver Kalkofe. Das sei die Abkürzung für „Hackedoof – Oberflächlich – Riemig – Selbstverliebt – Tätowiert“.

Kalkofe über Reality-TV-Stars: „Wozu lässt du dir Kochrezepte auf den Körper schreiben?“
„Das ist eine Art von jungem Menschen, die gibt es zum Glück in der Realität kaum, aber im Fernsehen, durch die ganzen Reality-Format, werden die uns als Promis oder als interessante Menschen vermittelt – und wir glauben, das ist eine Blaupause des existierenden Menschen.“ Kalkofe meint etwa muskelbepackte junge Männer, die „von oben bis unten vollgekrikelt“ sind oder Frauen, die wie Parodien von Porno-Puppen aussehen. „Tätowierungen sind ja toll, aber wenn der ganze Körper vollgekrikelt ist mit irgendwelchen Texten… Wozu lässt du dir Kochrezepte auf den Körper schreiben? Damit der andere was zum Lesen hat, wenn’s beim Bumsen zu langweilig wird?“
Es gibt vieles, was er nicht begreifen könne – vieles kann man in seinem neuen Buch nachlesen. Das ist übrigens als „bitterböse Gesellschaftskritik“ beschrieben. „Wann genau hat sich der Verstand eigentlich in den Urlaub verabschiedet? Und wieso ist unser schönes Gehirn so eine verdammt faule Sau geworden?“, wird in der Zusammenfassung gefragt. „Wenn man das am rechten Rand immer lauter werdende politische Geschehen verfolgt, sich in sozialen Netzwerken bewegt oder die belanglos bumsbanalen Reality-Formate im TV anschaut, könnte einen die blanke Verzweiflung packen. Es scheint, als hätte die kollektive Blödigkeit endgültig gewonnen und der spießigen Vernunft lachend die Beine weggetreten.“ Das Werk erscheint am 4. November. ■