Der Zeitpunkt für eine Doku über den Weihnachtshit „We Are the World“ könnte wohl besser sein – zur Weihnachtszeit zum Beispiel. Aber Netflix hält sich damit an das Jubiläum der Aufnahme am 28. Januar 1985. Damals versammelten sich 46 der größten US-amerikanischen Popstars und nahmen über Nacht einen Benefizsong auf. Die Doku über diese Nacht gibt es jetzt auf Netflix und führt uns hinter die Kulissen des Weihnachts-Megahits.
„We Are the World“ wurde geschrieben von Lionel Richie und Michael Jackson
1984 bricht in Äthiopien aufgrund einer Dürre eine Hungersnot aus, über acht Millionen Menschen sind damals betroffen. Um Geld für die damals größte humanitäre Krise der Welt zu sammeln, versammeln sich britische und irische Musiker um Bob Geldof, um den Kult-Hit „Do They Know It’s Christmas?“ aufzunehmen.
Aber Harry Belafonte, US-amerikanischer Musiker und Aktivist, ist es, dem „Do They Know It’s Christmas“ übel aufstößt: Es solle doch auch einen Song geben, bei dem „schwarze Menschen Schwarzen helfen“. Kurzerhand ruft er Lionel Richie an. Und mit Michael Jackson zusammen schrieb der dann „We Are the World“, seinen eigenen Benefizsong.
Bob Geldof fand die Idee übrigens blöd und hat Stevie Wonder davon abgeraten: „Es macht keinen Sinn, die Leute anzusprechen, die verhungern. Wir müssen mit den Leuten reden, die Geld zu spenden haben.“ Wonder hat natürlich nicht darauf gehört.

Die Aufnahme von „We Are the World“ geschah buchstäblich über Nacht
Kaum war der Song geschrieben, wurden Stars in Windeseile zusammengetrommelt. Weil es damals noch keine Handys gab und es so spontan war, waren manche Sänger einfach nicht erschienen. Sie hatten einfach zu spät davon erfahren. Bis die Stars gegen zehn Uhr abends ins Studio kamen, wusste niemand, wer aufkreuzen würde.
Die Aufnahmesession von „We Are the World“ dauerte dann die ganze Nacht durch, bis sieben Uhr morgens. Genug Zeit, damit die übermüdeten Popstars ihre Allüren und Weltfremdheit unter Beweis stellen konnten.
Die „We Are the World“-Nacht verlief nicht reibungslos
„We Are the World“-Produzent Quincy Jones stellte ein Schild an der Tür zum Aufnahmestudio auf, auf dem stand: „Check your ego at the door“ (deutsch: „Lass dein Ego an der Tür zurück“). Aber wie zu erwarten war, kann es nicht ganz reibungslos verlaufen, wenn die größten US-amerikanischen Musiker in einem Raum zusammenkommen.
Bob Dylan, Folk-Sänger und Eigenbrötler, zeigte sich eindeutig überfordert von der Situation, und erst eine erstaunlich gute Bob-Dylan-Imitation von Stevie Wonder lockerte ihn genug auf, um sein Stück zu singen. Cyndi Lauper hatte so viele Ketten an, dass die Mikrofone wegen des vielen Geklackers ihre Stimme gar nicht aufnehmen konnten.
Oder ein anderer denkwürdiger Moment: als Stevie Wonder vorschlägt, eine Strophe in Swahili zu singen. „We Are the World“ sei schließlich für Afrika und da sollte man deren Sprache sprechen. Der Vorschlag sorgte für Aufregung, Waylon Jennings verließ sogar entrüstet das Studio: „Kein vernünftiger Junge hat jemals auf Swahili gesungen.“ Der Clou, wie die Erzählstimme aus dem Off mitteilt: In Äthiopien sprechen sie gar kein Swahili.
Solche und ähnliche chaotische Momente einer Nacht, in der sich die größten Musikstars der USA zusammenraufen mussten, zeigt die neue Doku „The Greatest Night in Pop“ auf Netflix. ■