Bei Hamas-Angriffen in Israel

Sonya Kraus: „Ich habe nur fliegen können, weil ein Mädchen vermisst wird“

Sonya Kraus war zum Zeitpunkt der Hamas-Angriffe auf Israel in Tel Aviv. Sie erzählt im Interview mit dem KURIER von ihrer dramatischen Flucht.

Author - Julia Nothacker
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Sonya Kraus war zum Zeitpunkt der Hamas-Angriffe auf Israel in Tel Aviv.
Sonya Kraus war zum Zeitpunkt der Hamas-Angriffe auf Israel in Tel Aviv.Star-Media/imago

Sonya Kraus, 50, kämpft im Interview mit dem Berliner KURIER bei der Ausstellungseröffnung von „Dalí Surreal – Das immersive Ausstellungserlebnis“ im Neukölln Speicher mit den Tränen, als sie von den Erlebnissen in Tel Aviv erzählt. Die Moderatorin ist erst seit wenigen Tagen zurück, ist dem Terror nur knapp entkommen, indem sie 24 Stunden im Luftschutzbunker verbrachte. „Mein Herz tut physisch weh“, sagt sie in einem emotionalen Video auf Instagram. Trotzdem ist Sonya zum Event gekommen, um über das Grauen in Israel zu sprechen.

Sonya Kraus kämpft beim Interview mit den Tränen

Berliner KURIER: Frau Kraus, wie geht es Ihnen nach dem, was Sie erlebt haben?

Sonya Kraus: Wie es mir geht, spielt keine Rolle. Ich kriege jeden Tag von Freunden Fotos und Videos zugeschickt, die man nicht sehen und lieber vergessen möchte. Das ist barbarisch, dramatisch und traurig, ich bin sprachlos ... Die Terroristen nehmen auch keine Rücksicht auf die eigene Bevölkerung, das ist unfassbar. Alles, was ich dazu zu sagen habe, ist trivial. Es verletzt mich zutiefst, wenn das alles relativiert wird. Ich möchte auch kein „Ja, aber“ hören. Es ist einfach grausam und unnötig.

Warum waren Sie in Tel Aviv?

Ich habe Freunde dort. Tel Aviv ist eine sehr freie, liberale Kunststadt, viele Künstler leben dort. Freunde von mir – ein homosexuelles Pärchen – setzen sich sehr für Rainbow Railroad ein. Das ist eine Organisation, die LGBTQ-Menschen aus Ländern, in denen sie bedroht werden, unter anderem nach Kanada, USA und auch nach Israel aussiedeln.

Wie haben Sie es geschafft, so schnell aus der Stadt rauszukommen?

Ich mag das eigentlich nicht sagen ... Ich habe nur deshalb einen Rückflug bekommen, weil eine andere Familie nicht fliegen konnte, weil deren 19-jährige Tochter vermisst wird und bis jetzt noch nicht gefunden wurde. Deshalb habe ich einen Platz bekommen.

Sonya Kraus bei der Ausstellungseröffnung von „Dalí Surreal – Das immersive Ausstellungserlebnis“
Sonya Kraus bei der Ausstellungseröffnung von „Dalí Surreal – Das immersive Ausstellungserlebnis“eventfoto54/imago

Sonyas Kampf gegen den Brustkrebs und für die Vorsorge

Darf ich Sie noch zu einem ganz anderen Thema befragen?

Gerne, jede Abwechslung ist willkommen, ehrlich gesagt.

Sie hatten wegen einer Brustkrebserkrankung 2021 eine beidseitige prophylaktische Mastektomie und eine Chemotherapie. Deswegen haben Sie in der Vergangenheit auch oft Perücken getragen, die heutige Frisur ist aber ihr echtes Haar, oder?

Ja. Aber ich liebe die Perücken. Die kommen zum Einsatz, bis ich in Rente gehe. Es ist so praktisch: Man nimmt die perfekte Diva-Frisur aus dem Töpfchen, setzt die innerhalb von zwei Minuten auf und ist fertig. Die echten Haare muss man kämmen, man muss Haarspray reinmachen ... Ich habe wirklich gelernt, Perücken lieben zu lernen. Die heutigen Perücken haben nichts mehr mit dem Klischee einer schlecht sitzenden, furchtbar künstlich aussehenden Perücke zu tun. Ganz Hollywood arbeitet damit, was wir hier irgendwie noch nicht ganz kapiert haben. Ich kann nur allen Ladys, die in der Situation sind, sagen: „Probiert’s aus! Es ist toll. Keine Furcht!“

Sie haben auch neue Brüste, wie fühlen Sie sich damit?

Das ist toll! Man muss immer den Fokus auf das Positive legen. Ich war auch vorher sehr zufrieden, aber ich muss schon sagen, die Natur hatte es nicht so schön hingekriegt wie mein Onkologe. (lacht)

Sie gehen natürlich selbst regelmäßig zur Vorsorge und setzen sich sehr dafür ein, dass mehr Menschen zur Vorsorge gehen.

Das ist ja auch der Grund, warum ich damit an die Öffentlichkeit gegangen bin. Zum einen, weil ich mich nicht verstecken wollte, zum anderen, weil ich es so wichtig finde, dass wir alle immer fleißig zur Vorsorge gehen. Im September und Oktober sind immer meine Check-up-Termine. Ich war schon im MRT. Am Montag mache ich die große Hafenrundfahrt. Das bedeutet: Magen- und Darmspiegelung. (lacht) Durch viele Frauen in meinem Freundeskreis, die so offen darüber geredet haben und schon alle durch das Tal gegangen sind, bin ich darauf getrimmt. Das hat mir das Leben gerettet. Deswegen hoffe ich, das auch anderen Menschen vermitteln zu können. Das Schönste, was mir immer wieder passiert, ist, wenn eine Frau auf mich zukommt und mir sagt: „Sonya, ich bin wegen dir zur Vorsorge gegangen.“ Das ist nicht nur einmal passiert, sondern mehrmals. Da denke ich mir: Alles richtig gemacht! ■