Neue Outfits für Berlin

Kilian Kerner: „Sowas wie den BVG-Pitch habe ich noch nie erlebt“

„Scheiß auf den Urlaub, das mache ich!“, dachte sich Kilian Kerner, als er sich als Designer für die neue Arbeitskleidung der BVG-Mitarbeiter bewarb.

Author - Julia Nothacker
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Kilian Kerner
Kilian KernerRobin Kater

„Dieses Projekt war mit Abstand das Anstrengendste, das ich je gemacht habe“, sagt Kilian Kerner (46) dem Berliner KURIER über die vergangenen Monate, in denen er an der Kollektion für die BVG gearbeitet hat. Jetzt ist sie endlich fertig und Kilian ist stolz auf das, was in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Berliner Verkehrsbetriebe entstanden ist. Stylisch, edel und gleichzeitig funktional ist die neue Kleidung für die BVG, eigentlich ganz logisch, oder? Doch was von außen so einfach aussieht, war alles andere als leicht.

Kilian Kerner: Der anstrengendste Pitch seines Lebens

Beinahe wäre es gar nicht dazu gekommen, dass Kilian Kerner die Outfits der BVG designt. Eigentlich hatte der Berliner Designer, der zwar nicht in der Hauptstadt geboren wurde, aber sich sehr verbunden mit ihr fühlt, nämlich ganz andere Pläne. „Im Frühsommer 2024 wurde ich gefragt, ob ich Lust hätte, bei der öffentlichen Ausschreibung für die BVG-Berufsbekleidung mitzumachen. Das Problem war, dass die Abgabe ausgerechnet in meinen Urlaub fiel. Ich hatte fast zwei Jahre lang keinen Urlaub und hätte den dringend gebraucht. Aber dann hatten wir ein Online-Meeting mit der BVG und nach diesem war ich total on fire, so dass ich gesagt habe: ‚Scheiß auf den Urlaub, das mache ich!‘ (lacht)

Immerhin, eine Woche raus aus dem Trubel gönnte sich Kilian dann doch. Mitten im verkürzten Wien-Urlaub kam plötzlich der Anruf, dass er es in die engere Auswahl geschafft hat. „Ich hatte zu der Zeit mehrere Pitches auf einmal. Das bin ich gar nicht gewohnt. Normalerweise läuft es so, dass ich eine Anfrage bekomme und dann entweder zu- oder absage. In dem Fall war es anders.“ Kilian musste sich wie alle anderen um den Job bewerben – neben 200 weiteren Designern und Marken aus ganz Europa wohlbemerkt – und in insgesamt drei Runden beweisen. „Sowas habe ich in über 20 Jahren noch nicht erlebt. Die Anforderungen an diesen Pitch waren so enorm, dass ich es zwischendurch mal verflucht habe, doch nicht drei Wochen lang in den Urlaub gefahren zu sein. (lacht)

Die Bewerber mussten ein Konzept entwerfen und gleich zu Beginn die ganze Kollektion entwickeln, insgesamt 55 einzelne Teile. Kilian fertigte über 200 Zeichnungen der Outfits an, aus verschiedenen Blickwinkeln und in mehren Farben, sogar die Stoffe mussten vorgeschlagen werden. Das alles innerhalb von sechs bis acht Wochen. „Da steckt so viel Arbeit hinter, die die Menschen da draußen gar nicht sehen. Das war der anstrengendste Ritt meines Lebens. Mein Büro sah eine Zeit lang aus wie ein einziges Stofflager für Berufskleidung.“

Wichtig für die neue BVG-Kleidung sind viele Taschen.
Wichtig für die neue BVG-Kleidung sind viele Taschen.BVG

Harte Anforderungen an die neue Kleidung der BVG

Im Design war Kilian zwar frei, trotzdem gab es allerhand Vorgaben und Anforderungen, welche die Outfits erfüllen mussten – und diese waren auch noch auf die verschiedenen Berufsgruppen abgestimmt. Ob am Schalter, im Büro, in der Bahn oder im Bus, alle 8000 Mitarbeiter sollen am Ende im Rahmen ihrer Funktion frei unter den Kleidungsstücken wählen können. Bedeutet, die Outfits sollen natürlich nicht nur gut aussehen, sondern auch bequem sein. Viele Vorgaben entstanden auf Basis der Wünsche der Mitarbeiter. Auch der Nachhaltigkeitsaspekt spielte eine große Rolle. „Man muss lange darin sitzen können, man darf nicht zu schnell schwitzen, das Material muss sehr belastbar sein, man muss es oft waschen können. Gewünscht waren auch viele, große Taschen an der Kleidung. Es gibt viele Accessories wie Mützen, Schals, Schaltücher, Trollis, Laptoptaschen. Das erste Mal sind auch Kleider und Röcke dabei.“

Auch kürzere Hosen und sogar Kleider und Röcke sind in der Kollektion dabei.
Auch kürzere Hosen und sogar Kleider und Röcke sind in der Kollektion dabei.BVG
Die BVG-Mitarbeiter können zwischen verschiedenen Accessories wählen.
Die BVG-Mitarbeiter können zwischen verschiedenen Accessories wählen.BVG

Vorgegeben waren auch die Farben Schwarz und Gelb sowie das bekannte BVG-Herz-Logo. „Was mich wundert, ist, dass Mitarbeiter der BVG öffentlich bei anderen Medien kommentierten, dass sie das Herz-Logo schlimm finden. Das finde ich sehr schade und das tut mir auch leid für die BVG. Was die für ihre Mitarbeiter tun, das ist enorm. Das Herz-Logo ist nun mal das Logo der Firma, für die sie arbeiten.“

Ein gelbes Herz ist das Logo der BVG.
Ein gelbes Herz ist das Logo der BVG.BVG

Begeisterung und Kritik für die neuen Designs

Kilian bekam schließlich den Zuschlag für seine Kollektion, eine Gruppe von 30 BVG-Mitarbeitern traf die Entscheidung anonym. Das heißt, dass die zunächst gar nicht wussten, dass sich hinter den Designs Kilian Kerner verbirgt. Trotz großer Begeisterung kommt natürlich auch Kritik von außen, „dass ja die Preise steigen würden, wenn man sich eine neue Kollektion leistet und ob das wirklich sein müsste“, erzählt Kilian. „Dass die BVG die Preise aber gar nicht selber macht, haben die Leute nicht auf dem Schirm. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Unternehmen solchen Aufwand betreibt. Kleidung verbindet!“

Wer aber nun denkt, dass man die Outfits bereits ab nächster Woche schon an den U- und S-Bahnhöfen in Berlin sieht, der irrt. Erst einmal muss die Kleidung in die Testphase, wo die Stücke auf Herz und Nieren geprüft werden. Erst danach geht die Kollektion in die Produktion. Ende 2026 oder Anfang 2027 sehen wir die neuen Designs dann auf der Straße. „Es ist für mich eine große Ehre und ich bin sehr stolz darauf, dass die Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe in der Stadt, in der ich seit über 20 Jahren lebe, bald meine Sachen tragen.“