Im KURIER packt er aus

Dagobert über Zeit nach Knast: „Hab auf Party meinen Richter getroffen“

Arno Funke spricht im Interview mit dem Berliner KURIER über seine Zeit als Deutschlands bekanntester Kaufhauserpresser und die Zeit nach dem Knast. Mit Video.

Author - Julia Nothacker
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Arno Funke im Interview mit KURIER-Redakteurin Julia.
Arno Funke im Interview mit KURIER-Redakteurin Julia.Veronika Hohenstein

Er ist der wohl bekannteste Kaufhauserpresser Deutschlands: Arno Funke (74), besser bekannt als Dagobert, erpresste Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre mehrere Kaufhäuser, darunter das KaDeWe und Karstadt. Außerdem verübte er Bomben- und Brandanschläge. Weil zunächst über eine Zeitungsanzeige kommuniziert wurde, in der Funke auf die Comicfigur Dagobert Duck anspielte, wurde er ab diesem Zeitpunkt in den Medien nur noch Dagobert genannt und erlangte so einen regelrechten Kultstatus.

Im Jahr 1994 konnte Arno Funke erfolgreich als Erpresser identifiziert und festgenommen werden. Anschließend saß er für sechs Jahre und vier Monate im Gefängnis. Heute arbeitet Funke, der als hochbegabt und vielseitig talentiert gilt, als Karikaturist und Autor. Trotzdem wird der 74-Jährige auch heute noch oft mit Dagobert angesprochen und in Verbindung gebracht, wie er im Interview erzählt. Der Berliner KURIER traf Arno Funke bei der Sommerparty von Julian F. M. Stoeckel (37) im Strandhotel Vier Jahreszeiten Buckow. Woher sich die beiden kennen? Funke war 2013 Kandidat im Dschungelcamp, Stoeckel ein Jahr später. „So kam man ins Gespräch“, sagt Funke. Was uns Arno Funke sonst noch so über seine Zeit nach dem Gefängnis verriet, lesen Sie hier.

Arno Funke erlangte als Kaufhauserpresser Dagobert Kultstatus

Berliner KURIER: Herr Funke, wie oft hören Sie noch den Namen „Dagobert“?

Arno Funke: Ständig eigentlich, davon komme ich nicht los. Ich stelle mich natürlich als Arno Funke vor, und dann kommt: ‚Ah, Dagobert.‘ Ich habe mich daran gewöhnt. Was soll ich denn machen? Es ist eben so. Es gibt auch Schlimmeres, würde ich sagen.

Wie ist das, wenn Sie heute durch die Straßen von Berlin gehen?

Wenn ich früher vor zwanzig Jahren die Straße entlang gegangen bin, war es, als wäre ich ein weltbekannter Schauspieler. Thomas Gottschalk hätte wahrscheinlich nicht mehr Aufmerksamkeit bekommen. Ich konnte gar nicht einfach so die Straße entlang gehen. Es war immer ein großes Hallo. Damals fing es gerade an mit Selfies, ich musste auch noch viele Autogramme geben. Inzwischen sind es ja nur noch Selfies und hin und wieder mal ein Autogramm. Aber es ist inzwischen sehr viel ruhiger geworden. Ich werde nicht mehr so oft erkannt. Die Leute sind heute sehr zurückhaltend. Und diejenigen, die ein Problem mit meiner Person haben, gehen wort- und grußlos an mir vorüber.

Wie ist das für Sie, wenn Menschen auf Sie zugehen und Sie quasi als Popstar feiern?

Ich bin selber immer ein bisschen irritiert, wie das Leben nach dem Knast weiterging. Auf der einen Seite die Sympathie, die mir entgegenschlug, wo ich dann auch mal peinlich berührt war und gesagt habe: „Es tut mir leid, aber so toll war das, was ich gemacht habe, ja nun auch nicht.“ (lacht) Ich kann sie auf der einen Seite verstehen, weil die Medien haben ja auch ihren Beitrag dazu geleistet.

Gibt es immer noch Menschen, die Ihnen die Sache von damals übel nehmen?

Doch natürlich, das ist ja auch verständlich. Aber es ist ja auch eine gewisse Zeit vergangen. Was die Leute nicht wissen, ist, dass ich auch mal als Referent an der juristischen Fakultät der Universität in Münster zu den Studenten über das Thema Resozialisierung gesprochen habe. Ich habe zukünftigen Kriminalkommissaren meine Geschichte erzählt. Was nach dem Gefängnis kam, war teilweise ja auch sehr ungewöhnlich. Ich habe auf einer Party meinen Richter kennengelernt und den ehemaligen Polizeipräsidenten. Ich habe auch noch Kontakt zum ehemaligen Chef des SEK in Berlin. Wir treffen uns ein-, zweimal im Jahr. Es ist keine große Freundschaft und wir sind auch keine dicken Kumpels, aber wir mögen und respektieren uns.

Der KURIER interviewte Arno Funke bei der Sommerparty von Julian F. M. Stoeckel.
Der KURIER interviewte Arno Funke bei der Sommerparty von Julian F. M. Stoeckel.Veronika Hohenstein

So verdient Dagobert heute sein Geld

Wie verdienen Sie heute ihr Geld?

Ich sitze zuhause und gestalte Bilder, zum Beispiel für den Eulenspiegel, bei dem ich festangestellt bin, aber auch für andere Firmen. Außerdem habe ich gerade ein Buch geschrieben, für das ich gerade noch nach einem Verleger suche. Es handelt sich um eine Fantasy-Geschichte, die insofern ein bisschen mit meinem Leben zu tun hat, weil Teile davon in Norwegen spielen und ich norwegische Wurzeln habe.

Sie waren 2013 im Dschungelcamp. Aktuell läuft ja die Legenden-Staffel. Wären Sie bereit gewesen, noch ein zweites Mal ins Dschungelcamp zu gehen?

Nein, jetzt bin ich zu alt dafür. Ich bin jetzt 74 und es reicht. Also, wahrscheinlich hätte ich abgelehnt, außer meine Frau hätte gesagt: „Du nimmst daran teil, wir brauchen das Geld!“ (lacht)

Bräuchten Sie das Geld denn?

Im Moment nicht. (lacht)

Das heißt, Reality-TV ist keine Option mehr?

Man hatte mir damals ja auch schon „Promi Big Brother“ angeboten, das war noch vor dem Dschungelcamp. Dafür hatte ich aber abgelehnt, das war mir zu blöd. Das Dschungelcamp ist ja ein Format, über das jeder spricht. Außerdem wird das ja in Australien gedreht und ich wäre dort sonst nicht so einfach hingekommen. Ich musste ja dafür nichts bezahlen. Man war in einem Luxushotel untergebracht - wunderbar! Ich habe damals den Swimmingpool gemessen, der war 60 Meter lang und hatte richtigen Sandstrand. (lacht)

Sie haben es sicher mitbekommen, sowohl das KaDeWe als auch Karstadt Galeria sind insolvent ...

Das war ja schon öfter der Fall. Ich verfolge das natürlich, aber ich habe letztendlich nicht mehr so viel damit zu tun.

Wird Ihrer Meinung trotzdem etwas in Berlin fehlen, wenn es das KaDeWe nicht mehr gibt?

Für mich alten Sack natürlich schon. Die Kaufhäuser, in die man früher gegangen ist, wo ein Direktor alles unter Kontrolle hatte, die gibt es in der Form immer weniger. Die Zeiten ändern sich einfach und heute gibt es diese Shopping Malls, wo verschiedene Geschäfte unter einem Dach sind. Wenn da einer pleite geht, ist es egal. ■