Experten-Meinung im KURIER

Jo Groebel: „Gil Ofarim hat den Bezug zur Realität verloren“

Wird Gil Ofarim die Rückkehr in die Öffentlichkeit gelingen? Werden die Menschen ihm verzeihen? Experte Jo Groebel fällt gegenüber dem Berliner KURIER ein vernichtendes Urteil.

Author - Julia Nothacker
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Gil Ofarim beim Prozess.
Gil Ofarim beim Prozess.Star-Media/Imago

Der Fall Gil Ofarim (42). Ein Fall, der die Menschen noch immer beschäftigt – vor allem deswegen, weil der Sänger aktuell an seinem Comeback arbeitet und sich bei dem Versuch, in die Öffentlichkeit zurückzukehren, sehr ungeschickt anstellt. Das findet auch Medienpsychologe Jo Groebel (74), der Gil Ofarims Rückkehr intensiv beobachtet hat.

Jo Groebel fällt ein hartes Urteil über Gil Ofarim

Wir treffen Jo Groebel bei der Premiere der neuen Varieté-Show „Vegas Rouge“ in Berlin und fragen den Experten, wie er Gil Ofarims Verhalten bewertet. Wie viele User im Netz fällt auch er ein hartes Urteil: „Auf mich macht er – wollen wir es einfach mal beim Namen nennen – fast schon einen verhaltensgestörten Eindruck. Das ist jetzt keine Diagnose und soll auch nicht beleidigend sein. Aber es wirkt, als hätte er ein bisschen den Bezug zur Realität verloren. Er ist so bezogen darauf, im Mittelpunkt zu stehen, dass es schwer wird, eine Distanz zu sich selber aufzubauen. Er ist jemand, der sehr von der Öffentlichkeit und der Aufmerksamkeit abhängig ist und ins Bodenlose stürzt. Das ist es, was wir bei Gil Ofarim gerade erleben.“

Zur Erinnerung: 2023 gestand Gil Ofarim vor Gericht, bei den Antisemitismus-Vorwürfen gegen einen Hotelmanager gelogen zu haben. Das Verfahren wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung gegen Gil Ofarim wurde daraufhin eingestellt und Gil tauchte zunächst unter. Mit einem Video-Statement und einer vorgelesenen Entschuldigung meldete Gil dann im November 2024 bei seinen Fans und Kritikern zurück. Nur wenige User nahmen ihm seine Reue ab.

Den Höhepunkt an Unverfrorenheit bildete vor wenigen Wochen ein RTL-Interview, in dem sich Gil vor allem selbst bemitleidete und andeutete, doch unschuldig zu sein und die Lüge nur deshalb gestanden zu haben, um den Prozess möglichst schnell zu beenden. In der öffentlichen Wahrnehmung fiel das Interview überwiegend durch.

Jo Groebel beurteilt den Fall Gil Ofarim.
Jo Groebel beurteilt den Fall Gil Ofarim.Breuel-Bild/Imago

Wird Gil Ofarim sein Comeback gelingen?

Jo Groebel sagt dazu: „Mein Eindruck ist, dass er sich generell die ganze Zeit schon sehr unklug verhalten hat. Klug wäre es gewesen, wenn er einen Berater gehabt hätte – vielleicht hatte er den auch. Trotzdem war sein Auftreten immer selbstbezogen. Das Blöde ist: Bei allem, was er gemacht hat, ist danach noch was Schlimmeres bei herausgekommen. Man hat immer das Gefühl, er versucht, etwas zu machen, von dem er glaubt, dass es nützlich ist oder dass es am besten so ankommt. Aber es mangelt an Authentizität. Wäre er in seiner Reue überzeugender gewesen, wäre es einfacher für ihn. Aber man weiß nicht genau, ist das jetzt echt oder Kalkül? Macht er es für den Effekt oder aus Überzeugung? Wahrscheinlich kennt er selbst die Grenzen nicht.“

Deshalb zweifelt Jo Groebel daran, dass die Rückkehr ins Showgeschäft wirklich gelingt. Auf der Bühne mag Gil zwar von seinen Fans gefeiert werden, im TV würde das aber sicherlich anders aussehen. „Es gibt eine Skala von Dingen, die man Leuten verzeiht und Dingen, die man Leuten nicht verzeiht. Das Schlimme bei ihm war, dass er Unschuldige über einen längeren Zeitraum hinweg bezichtigt hat, die dann auch noch in finanzielle Probleme geraten sind. Das ist schon schwerer Tobak. Erstrecht bei dem Thema Diskriminierung und Antisemitismus und in einer Zeit, in der das Thema in Deutschland sehr aufgeladen ist.“ ■