Antisemitismus-Skandal

Kommentar: Gil Ofarim im Interview – warum spielt RTL DIESES Spiel mit?

Erstmals spricht Gil Ofarim nun in einem Interview über den Antisemitismus-Skandal. Doch leider ist dieses Interview keine gute Grundlage für den Neustart als Musiker.

Author - Julia Nothacker
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Gil Ofarim beim Prozess im Gericht.
Gil Ofarim beim Prozess im Gericht.Christian Grube/Imago

Jetzt spricht Gil Ofarim (42) erstmals ausführlich über den Antisemitismus-Skandal im Jahr 2021. Der Sänger meldete sich bereits vor einigen Monaten in einem Instagram-Video zu Wort und entschuldigte sich für alles, was passiert ist. Nun gab er sein erstes Interview – doch die Aufmachung des Interviews von RTL und dem Stern sorgt für Irritation.

Gil Ofarim spricht erstmals in einem Interview über den Skandal

2023 gestand Gil Ofarim vor Gericht, bei den Antisemitismus-Vorwürfen gegen einen Hotelmanager gelogen zu haben. Das Verfahren wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung gegen Gil Ofarim wurde daraufhin eingestellt und Ofarim sollte als Wiedergutmachung jeweils einen Betrag in Höhe von 5000 Euro an die Jüdische Gemeinde zu Leipzig und das Haus der Wannsee-Konferenz zahlen. Anschließend zog sich Gil Ofarim aus der Öffentlichkeit zurück, postete kaum noch etwas bei Instagram oder trat als Musiker auf.

Dass Gil nun in einem Interview über den Skandal spricht, liegt wohl vor allem daran, dass der 42-Jährige als Musiker zurückkehren und seine Karriere weiterführen will. RTL und der Stern treffen ihn bei den Dreharbeiten für seinen Videoclip zum neuen Song „Korrektur der Zeit“ – ein Song, mit dem Gil offenbar wieder etwas gut machen will. „Das Video war der größte Fehler meines Lebens”, sagt Gil jetzt.

Wie es damals zur Aussage vor Gericht kam? „Ich habe mich während des gesamten Prozesses nicht geäußert. Meine Anwälte haben auch geraten, nicht auszusagen oder mich noch mehr angreifbar zu machen. Ich habe letztendlich .... Das einzige, was ich gesagt habe, waren drei Sätze.“ Irgendwann konnte Gil die Lüge nicht länger aufrechterhalten: „Ich habe die Schuld auf mich genommen, um dem ein Ende zu setzen, ich war nicht mehr fähig, weiterzumachen. Weder mental noch… Es ging nicht mehr, ich konnte einfach nicht mehr.“

Gil hatte Alkoholprobleme und eine posttraumatische Belastungsstörung, acht Monate lang ließ er sich in einer Tagesklinik behandeln. „Mich hat das sehr krank gemacht, ich will dahin auf keinen Fall wieder zurück!“, sagt Gil. „Der tiefste Punkt ... Ich weiß es nicht, es war eine ganze Zeit am Tiefpunkt. Mir war bewusst, dass mit der Entscheidung, die ich da getroffen habe, meine gesamte Karriere und alles, was ich bis dahin gemacht und erreicht habe in meinem Leben, nicht nur vergessen sein wird, sondern ich letztendlich auch vor dem Ruin meiner Karriere stehe.“

Im April will Gil seinen Fans bei einem Konzert in Bochum den neuen Gil präsentieren. Werden sie die Korrektur, die Gil aktuell anstrebt, akzeptieren? Viele Menschen können Gil die Lüge nicht verzeihen, eine Menge Fans halten aber auch weiterhin zu ihm.

Gils Anwälte rieten ihm damals, die Lüge vor Gericht zuzugeben.
Gils Anwälte rieten ihm damals, die Lüge vor Gericht zuzugeben.Christian Grube/Imago

Warum spielen RTL und der Stern dieses Spiel mit?

Was an dem Interview von RTL und Stern irritiert: In dem Interview fällt kein Wort über den Hotelmanager, dem Gil mit seiner Lüge massiv geschadet hat. Der Sänger spricht nur über sich und seinen mentalen Zustand. Außerdem gibt das Gespräch keinen Aufschluss darüber, ob es sich wirklich um eine Lüge handelt, die Gil Ofarim vor Gericht gestanden hat. RTL und der Stern gehen mit der Frage aus dem Interview, ob Gil die Lüge womöglich nur deswegen zugegeben hat, um den Prozess möglichst schnell zu beenden – beantworten diese Frage aber leider nicht. Bei den Lesern und Zuschauern entsteht so der Eindruck, Gil sei womöglich doch unschuldig. Eine gelogene Lüge also? Wer bitte glaubt Gil das? Und warum spielen RTL und der Stern dieses Spiel mit?

Womöglich war es eine Voraussetzung und Teil der Absprache, damit Gil dieses Interview überhaupt gibt, man weiß es nicht. Einen faden Beigeschmack hinterlässt dieses Interview damit aber leider. Auch heute, dreieinhalb Jahre nach dem Video vor dem Hotel kann Gil nicht einfach sagen: „Ja, ich habe es getan, tut mir leid.“ Ist das eine gute Grundlage für den Neustart als Musiker? ■