Deutliche Worte im Interview

Howard Carpendale macht Schluss: „Habe keine Lust mehr, Platten zu machen“

Howard Carpendale kritisiert im Interview mit dem Berliner KURIER die Entwicklung der Musikbranche. Aus dem Grund wird es kein weiteres Album geben.

Author - Julia Nothacker
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Howard Carpendale hat seine Probleme damit, wie sich die Musikbranche verändert hat.
Howard Carpendale hat seine Probleme damit, wie sich die Musikbranche verändert hat.Oliver Berg/dpa

Howard Carpendale (78) will es wieder tun – auf Tour gehen! Schon ab Mitte Mai tritt der Sänger in mehreren deutschen Städten wie Köln, München, Hamburg und natürlich auch in Berlin auf. Die Tour heißt wie sein letztes Album „Let’s do it again!“. Im Interview mit dem Berliner KURIER spricht Carpendale über die Liebe seines Lebens, ein mögliches Karriereende und den bitteren Grund, warum „Let’s do it again!“ sein letztes Album sein soll.

Howard Carpendale fühlt sich nicht mehr wohl

„Es ist ein gutes Gefühl, etwas zu tun, das viele Menschen sehr glücklich und nachdenklich macht und ablenkt von dieser Welt, in der wir aktuell leben. Konzerte geben mir die Möglichkeit, einen sehr engen Kontakt mit dem Publikum aufzubauen“, sagt Howard Carpendale.

Ans Aufhören denkt der Deutsch-Südafrikaner mit seinen 78 Jahren noch nicht: „Solange es gesundheitlich geht, werde ich nicht aufhören. Das einzig Anstrengende an einer Tour sind die Tausende von Kilometern, die man fahren muss. Es war immer mein großer Wunsch, und der hat sich auch mal in Berlin erfüllt, dass ich mehrere Abende hintereinander nur in einer Stadt auftrete. Diese Art von Tour ist für mich am reizvollsten und die kann ich mir auch für die Zukunft vorstellen.“

Howard Carpendale liebt die Bühne.
Howard Carpendale liebt die Bühne.Uwe Koch/HMB Media/Imago

Howard Carpendale will also weiter auf der Bühne stehen und seine Fans glücklich machen – das aber ohne neue Musik. Nach über 30 Studioalben ist Schluss und das hat auch einen bestimmten Grund. „Der Hauptgrund, warum es die letzte Platte sein wird, ist der, dass ich mich nicht mehr so ganz wohlfühle mit den vielen Änderungen in der Branche. Das geht aktuell offensichtlich sehr vielen Künstlern so. Die digitale Welt ist wunderbar, aber sie hat meine Tätigkeit als Musiker sehr verändert. Ich habe viel erlebt, wir haben mit Vierspurbändern angefangen, dann kamen irgendwann Kassetten, dann CDs – die letzte Änderung empfinde ich für die Branche als sehr, sehr schädlich“, erklärt der Musiker.

Howard Carpendale sieht Probleme der Digitalisierung

Howard Carpendale nimmt bei dieser Antwort auch Bezug auf eine Ausgabe der ZDF-Fernsehsendung „Aspekte“ im April 2024. In dieser ging es um die Frage, inwiefern die Vielfalt der Musik durch die Digitalisierung und den Algorithmus in Gefahr ist. Zu Wort kommt auch Herbert Grönemeyer (68), der ganz klar sagt: „Dieses System tötet die Künstler im mittleren Bereich täglich. Die können nicht mehr von der Musik leben. Die Vielfalt der Kunst wird wegbrechen.“

Das Problem ist, dass viele Menschen es bereits gewohnt sind, dass Musik durch YouTube und Spotify quasi umsonst ist. Von den Streaming-Einnahmen geht der Großteil an die Labels und den Streamingdienst. Vor allem die kleinen Musiker bleiben auf der Strecke. Künstler, die sich nicht anpassen oder sich nicht an bestimmte Regeln halten, kommen nicht in den Algorithmus. Eine große Rolle spielt auch TikTok, wo neue Musiker gesucht und gefunden werden. Diese produzieren ihre Songs bereits so, dass sie sich perfekt für kurze TikTok-Videos eignen. Eine Entwicklung, die Howard Carpendale nicht mitmachen will. 

„Viele junge Künstler tun sich sehr schwer damit, überhaupt in dieser Branche, in der sie sich selbst bekannt machen müssen, Fuß zu fassen. Bei mehreren Tausend neuen Titeln pro Tag im Streaming hat man kaum eine Chance. Komponisten und Texter haben im Grunde keinen richtigen Beruf mehr, es sei denn, sie performen ihre eigenen Lieder. Seit Jahren herrscht eine sehr unfaire und undurchdachte Form, wie man mit Musik umgeht. Das wird vielen Kollegen sehr schaden.

Die Verteilung ist total falsch gedacht. Für die Plattenfirmen ist es ein großer Erfolg und für die Hörer ist es auch sehr praktisch, ich verstehe das. Ich habe aber keine Lust mehr, Platten zu machen, wenn jemand anderes mir sagt, wie ich die Titel aufzunehmen habe. Das war nie meine Sache. Physische Platten wie CDs und Vinyl werden in der Zukunft kaum noch stattfinden. Wenn ich aber ein Produkt mache, möchte ich es auch in der Hand halten. Wenn ich 40 wäre, würde ich vielleicht anders entscheiden. Aber ich bin kein großer Anhänger von dem, was aktuell passiert.“

Seine Ehefrau ist Howard Carpendale eine große Stütze

Howard Carpendale wirkt enttäuscht, als er davon erzählt. Er schaut mit Sorge in die Zukunft der Musikbranche, versucht aber dennoch, sich von der aktuellen Situation nicht unterkriegen zu lassen. Ganz aufhören tut er immerhin noch nicht, was vor allem auch seine Fans freuen wird. Sie sind ihm eine große Stütze, genau wie seine Frau Donnice Pierce (68), mit der er seit 1983 zusammen und seit 2018 verheiratet ist. „Meine Frau ist mir in der Hinsicht eine Stütze, weil wir einfach sehr glücklich miteinander sind. Es gab auch Jahre, die wir getrennt voneinander verbracht haben, deswegen bin ich heute umso glücklicher, wenn wir möglichst viel Zeit miteinander verbringen.“

Howard Carpendale mit seiner Frau Donnice Pierce und seinem Sohn Wayne.
Howard Carpendale mit seiner Frau Donnice Pierce und seinem Sohn Wayne.gbrci/Future Image/Imago

Viel Zeit würde Howard Carpendale auch gerne mit seinen zwei Söhnen Cass (35) und Wayne (47), seiner Schwiegertochter Annemarie (46) und seinem Enkel Mats (5) verbringen, wie er sagt, doch alle Carpendales haben so ihre Verpflichtungen. Das Familienleben kommt dann schon mal zu kurz, wie wohl auch in den nächsten Monaten, wenn Howard Carpendale auf große Deutschland-Tour geht. Am 31. Mai tritt er in der Uber-Arena in Berlin auf. Weitere Termine und Tickets finden Sie hier. ■