Gil Ofarim ab Oktober vor Gericht: Anklage wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung – Anwalt kritisiert „Schauprozess“ gegen den Sänger
Leipziger Hotel-Angestellte hätten den Sänger dazu gedrängt, seinen Davidstern abzulegen. Doch dann verdichteten sich die Zweifel an der Story.

Ein spontan aufgenommenes Instagram-Video des jüdischen Sängers Gil Ofarim erschütterte vor einem Jahr die Republik: Darin zeigt sich der Popsänger vor dem Leipziger Hotel, gegen deren Angestellte er massive Vorwürfe erhob. Beim Check-in habe man ihn dazu aufgefordert, seine Davidstern-Kette abzunehmen. Daraufhin ließ die Justiz die Bilder der Überwachungskameras auswerten, zahlreiche Zeuginnen und Zeugen wurden befragt. Schließlich kamen die Ermittlungsbehörden zu dem Schluss: So wie Ofarim es schilderte, kann es sich nicht zugetragen haben. Nun hat der angebliche antisemitische Vorfall Konsquenzen für den Künstler: Er muss sich vor Gericht verantworten.
Der Vorwurf gegen den Musiker Gil Ofarim wiegt schwer: Das Landgericht Leipzig teilte am Mittwoch mit, dass es die Anklage wegen falscher Verdächtigung und Verleumdung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet habe. Der Prozess soll am 24. Oktober beginnen.
Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt Gil Ofarim als unschuldig
Das Video, in dem Ofarim behauptete, ein Hotelmitarbeiter habe ihn aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne, ging viral. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Leipzig hat sich der Vorfall aber nicht so zugetragen. Der betroffene Mitarbeiter hatte Anzeige erstattet. Er tritt im Prozess laut Gericht als Nebenkläger auf.
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Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt für Ofarim die Unschuldsvermutung. Der 40-Jährige hatte sich zuletzt nicht mehr öffentlich geäußert. Eine Stellungnahme seines Anwalts lag zunächst nicht vor. Ofarim wurde in München geboren, er ist der Sohn des 2018 gestorbenen israelischen Sängers Abi Ofarim.
Die 6. Strafkammer des Landgerichts Leipzig ließ die Anklage unverändert zu. Das Gericht erteilte zudem einen sogenannten rechtlichen Hinweis, dass im Falle einer Verurteilung möglicherweise auch der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt sein könnte.
Ofarims Anwalt spricht von einem „Schauprozess“
Das Landgericht geht außerdem davon aus, dass es wegen der besonderen Bedeutung des Falls zuständig für den Prozess ist. Es folgt damit der Einschätzung der Staatsanwaltschaft.
Ofarims Münchner Anwalt Alexander Stevens hatte im August kritisiert, dass die Anklage nicht zum Amtsgericht erhoben worden sei. Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass die Leipziger Justiz einen „Schauprozess“ anstreben könnte.
Das Landgericht teilte am Mittwoch darüber hinaus mit, dass die Staatsanwaltschaft Leipzig noch eine weitere Anklage gegen Ofarim erhoben habe. Darin gehe es um falsche eidesstattliche Versicherung sowie Betrug und versuchten Betrug. Über die Eröffnung dieser Verfahren entschied das Gericht noch nicht. Hintergrund der weiteren Anklage seien zwei Anträge auf einstweilige Verfügung, mit denen Ofarim gegen Presseveröffentlichungen vorgegangen sei. Darin soll er „wahrheitswidrig eidesstattlich versichert haben, nie geäußert zu haben, dass das von ihm erstellte Video „viral gehen“ solle, wobei er auch die – aus Sicht der Staatsanwaltschaft – unzutreffenden Äußerungen über die Worte des Hotelmitarbeiters wiederholt haben soll“, teilte das Gericht mit.