Haben Sie auch schon einmal erlebt, dass nach einem privaten Gespräch plötzlich die passende Werbung auf Ihrem Handy auftaucht? Genau diese beunruhigende Erfahrung schildern Kläger in einer aktuellen Sammelklage gegen Apple. Der Vorwurf: Das Unternehmen soll Nutzerdaten durch heimliches Mithören sammeln und für personalisierte Werbung verwenden. Doch wie realistisch ist diese Vorstellung – und was steckt wirklich dahinter?
Zufall oder Mithören? Das Phänomen personalisierter Werbung
Fast jeder kennt die Situation: Man spricht mit Freunden über neue Kopfhörer oder den nächsten Urlaub – und nur kurze Zeit später tauchen auf Facebook, Instagram oder in anderen Apps passende Werbeanzeigen auf. Was wie ein merkwürdiger Zufall wirkt, sorgt regelmäßig für Misstrauen gegenüber Smartphones und Apps.
Dass moderne Smartphones mit Mikrofonen ausgestattet sind, um Sprachassistenten wie „Hey Siri“ oder „Ok Google“ zu aktivieren, ist allgemein bekannt. Doch immer wieder stellen sich besorgte Nutzer die Frage, ob diese Geräte heimlich mehr aufnehmen, als sie sollten. Offiziell bestreiten Apple, Google und andere große Tech-Konzerne vehement, solche Funktionen zu nutzen. Auch der Programmier-Code populärer Apps wie Facebook wurde in der Vergangenheit untersucht, ohne Hinweise auf eine versteckte Abhörfunktion zu finden.
Die Sammelklage gegen Apple: Neue Zweifel an der Datensicherheit
Die aktuelle Sammelklage gegen Apple wirft jedoch ein neues Licht auf diese Diskussion. Kläger berichten, dass sie unmittelbar nach Gesprächen über bestimmte Marken auffällige Werbeanzeigen auf ihren Geräten gesehen hätten. Apple weist die Vorwürfe zurück, doch der Verdacht bleibt. Der Fall erinnert an andere Berichte über zweifelhafte Technologien:
2018 sorgte ein von Facebook angemeldetes Patent für Aufsehen, das es ermöglichen sollte, Umgebungsgeräusche über das Smartphone auszuwerten. Laut dem Unternehmen wurde die Technologie jedoch nie umgesetzt und diente lediglich dazu, anderen Unternehmen zuvorzukommen.
Aktuell wird auch das US-amerikanische Unternehmen Cox Media Group (CMG) kritisiert, das Ende 2023 mit einer neuen Technologie namens „Active Listening“ in den Fokus geriet. Berichten zufolge soll dieser KI-gestützte Dienst Gespräche vor Smartphones und Smart-TVs analysieren, um gezielte Werbung ausspielen zu können. CMG beruft sich darauf, dass Nutzer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen entsprechender Apps zugestimmt hätten. Doch nach Bekanntwerden der Vorwürfe ging die Webseite des Unternehmens offline, was die Spekulationen weiter anheizt.

Wie entstehen personalisierte Werbeanzeigen wirklich?
Auch wenn keine stichhaltigen Beweise vorliegen, dass Smartphones aktiv Gespräche mitschneiden, gibt es plausible Erklärungen für das Auftauchen anscheinend passender Anzeigen:
Datenanalyse durch Apps: Plattformen wie Facebook oder Google sammeln umfangreiche Daten über unser Online-Verhalten. Suchanfragen, besuchte Websites oder Interaktionen in sozialen Netzwerken können dazu genutzt werden, um gezielte Werbung auszuspielen.
Standortbezogene Werbung: Viele Apps greifen auf Standortdaten zu. So kann es sein, dass Ihnen Werbung für ein Restaurant angezeigt wird, das Sie kürzlich besucht haben.
Selektive Wahrnehmung: Oft haben Nutzer ein Thema bereits vorher online recherchiert oder Anzeigen dazu gesehen, ohne es bewusst zu bemerken. Nach einem Gespräch über das Thema fallen diese Anzeigen dann plötzlich auf.
Verknüpfung von Diensten: Apps wie Facebook und WhatsApp gehören zum selben Konzern (Meta). Nachrichteninhalte oder Links, die über WhatsApp verschickt wurden, könnten analysiert werden, um passende Werbung auf Facebook auszuspielen.
Was können Nutzer tun?
Auch wenn sich nicht zweifelsfrei nachweisen lässt, dass Smartphones Gespräche heimlich abhören, bleibt ein Gefühl der Unsicherheit. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die App-Berechtigungen auf seinem Smartphone regelmäßig überprüfen und den Zugriff auf Mikrofon, Standort oder Kamera einschränken. Das schränkt zwar die Funktionalität einiger Apps ein, erhöht aber die Privatsphäre.
Die Sammelklage gegen Apple zeigt einmal mehr, wie wichtig Transparenz und Datenschutz in der digitalen Welt sind. Solange Unternehmen nicht klarlegen, welche Daten sie wie nutzen, bleibt der Verdacht bestehen, dass wir nicht nur „Zufälle“ erleben, sondern gezielt überwacht werden.
Ob dabei handfeste Beweise vorgelegt werden, bleibt abzuwarten. In jedem Fall bleibt ein unsicheres Gefühl – und der Gedanke daran, welche Daten wir mit jedem Klick oder jeder Unterhaltung unwissentlich preisgeben. ■