Krieg in Nahost

Völkermord? Israel wird in Den Haag verklagt – Baerbock in Nahost

Außenministerin Annalena Baerbock ist zu Besuch in Israel und Gaza. Israel wird am Internationalen Gerichtshof wegen des Vorwurfs des Völkermordes verklagt

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Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist zu Beginn ihrer Nahostreise zu Besuch bei Israels Präsident Izchak Herzog.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist zu Beginn ihrer Nahostreise zu Besuch bei Israels Präsident Izchak Herzog.Michael Kappeler/dpa

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will sich drei Monate nach Beginn des Gaza-Kriegs bei einem Besuch im Westjordanland ein Bild der Lage der Palästinenser dort machen. Zuvor besucht sie Israel.

Außenministerin Annalena Baerbock ist am Sonntag in Jerusalem mit ihrem israelischen Amtskollegen Israel Katz zusammengetroffen. An dem Treffen nahmen auch Angehörige von Geiseln teil, die noch im Gazastreifen festgehalten werden. Katz habe Baerbock um Unterstützung mit Blick auf die „absurde“ Klage Südafrikas gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag gebeten. Südafrika hatte Israel vor dem höchsten UN-Gericht verklagt und des Völkermords im Gazastreifen beschuldigt.

Baerbock kritisierte nach den offiziellen Gesprächen in Israel, es kämen viel zu wenige Hilfsgüter in den Gazastreifen durch. Ein wichtiger Anfang sei, dass neben dem Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und Gaza von Israel auch der Übergang Kerem Schalom für Hilfslieferungen geöffnet worden sei. „Aber so, wie diese Grenzübergänge derzeit funktionieren, sind sie ein Flaschenhals. Das kann so nicht bleiben“, sagte Baerbock. Es müssten weitere Wege für humanitäre Hilfslieferungen gefunden werden.

Baerbock reist weiter nach Ramallah und Ägypten

Nach ihrem Besuch in Israel will die Grünen-Politikerin am Montag ein palästinensisches Dorf besuchen. Später ist in Ramallah (Westjordanland) ein Treffen mit dem dortigen Außenminister Riad al-Maliki geplant. Am Abend will Baerbock nach Ägypten weiterreisen. Dort steht am Dienstag unter anderem ein Treffen mit Außenminister Samih Schukri auf dem Programm.

Am Mittwoch will Baerbock den Libanon besuchen, bevor sie von dort auf die Philippinen, nach Malaysia und Singapur fliegt.

Bei dem Überfall der islamistischen Hamas und anderer palästinensischer Terrorgruppen auf Grenzorte in Israel am 7. Oktober wurden laut Israel rund 1200 Menschen getötet und rund 240 Menschen in den Gazastreifen entführt. Die Zahl der getöteten Palästinenser ist nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde auf mehr als 22.700 gestiegen, mehr als 58.000 Menschen wurden demnach verletzt.

Im Sechs-Tage-Krieg hatte Israel 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben inzwischen Hunderttausende jüdische Siedler inmitten von drei Millionen Palästinensern. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen eigenen Staat.

Israel schickt Holocaust-Überlebenden an Internationalen Gerichtshof in Den Haag

Israel muss sich für seinen andauernden Militäreinsatz in Gaza erstmals vor einem internationalen Gericht verantworten. Die Anhörungen hat der Gerichtshof für den 11. und 12. Januar angesetzt. Die Urteile des UN-Gerichts sind in der Regel bindend. Allerdings besitzen die Richter keine Machtmittel, um einen Staat zur Umsetzung zu zwingen.

Südafrika beruft sich bei der Klage auf die Völkermordkonvention. Beide Staaten haben diese Konvention unterzeichnet. Die UN-Richter sollen aus Sicht Südafrikas zunächst in einem Eilverfahren ein Ende der Gewalt gegen Palästinenser anordnen, um deren Rechte zu schützen.

Israel wies Südafrikas Anschuldigungen entschieden zurück. Für das Leid der Palästinenser in Gaza sei ausschließlich die Hamas verantwortlich. Israel tue im Krieg alles, um den Schaden für die Zivilbevölkerung so gering wie möglich zu halten, wurde argumentiert.

Zur Anhörung vor dem Internationalen Gerichtshof zum Gaza-Krieg schickt Israel unter anderen den früheren Richter am Obersten Gerichtshof des Landes, Aharon Barak. Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums bestätigte am Sonntag entsprechende Medienberichte. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe der Ernennung des 87-jährigen Holocaust-Überlebenden zugestimmt. Nach Den Haag können klagende und beklagte Staaten jeweils einen Richter zusätzlich entsenden.