Ein Beschluss des Bundeskabinetts von Mittwoch könnte dafür sorgen, dass bald noch mehr finanzielle Herausforderungen auf die Kommunen zukommen. Denn Menschen aus der Ukraine sollen zukünftig bei ihrer Einreise kein Bürgergeld mehr, sondern die durch Kommunen finanzierte Asylleistungen bekommen. Deutschland sieht die Neuerung mit gemischten Gefühlen. Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen, spricht sich jetzt klar dafür aus.
Neue Hilfsregelung für Ukrainer: „Ich finde es richtig“
Die Ukrainer, die seit April 2025 nach Deutschland gekommen sind, sind raus aus dem Bürgergeld! Zu Gast in Sandra Maischbergers gleichnamiger Talkshow am Mittwochabend kommentierte Boris Palmer die Neuerung: „Ich finde es richtig. Die Hoffnung, dass man durch den direkten Zugang zum Arbeitsmarkt mehr Leute in den Arbeitsmarkt bringt aus der Ukraine, hat sich ja leider nicht bestätigt.“ Weiter betonte der Tübinger Oberbürgermeister: „Im Gegenteil: Im europaweiten Vergleich schneiden wir da sehr schlecht ab.“

Stattdessen habe man so ein anderes Problem geschaffen. „Dass nämlich die Leute, die arbeiten, feststellen: ‚Wenn jemand aus der Ukraine in meine Stadt kommt, dann kann der mit zwei Kindern in Tübingen 3200 netto im Monat bekommen. Wie viel muss ich dafür arbeiten?‘“ Da habe sich ein großes Ungerechtigkeitsgefühl eingestellt.
„Der Anreiz, zu arbeiten – weil die Bürgergeldvergütung für jemanden aus der Ukraine so gut ist – war einfach so gering, dass wir gesehen haben: Viele lehnen tatsächlich Arbeit ab“, sagte Palmer.
Bürgergeld-Entscheidung für Kommunen schlecht, trotzdem richtig
Palmers Fazit zu den Ukrainern: „Deswegen ist es richtig, sie wie alle anderen Geflüchteten zu behandeln und sie über das Asylbewerberleistungsgesetz zu bezahlen, auch wenn das für die Kommunen schlechter ist, ist es systemisch richtig.“

Auch Philipp Türmer, Bundesvorsitzender der Juso, war in der Talkrunde zu Gast – zeigte sich mit der neuen Regelung im Gegensatz zu Palmer nicht einverstanden: „Es hilft nicht bei dem, was wir eigentlich machen müssen.“ Eigentlich müsse man Geflüchtete aus der Ukraine schnell in Arbeit bringen.
Das sei jedoch nicht möglich, wenn sie aus dem Asylbewerberleistungsgesetz bezahlt würden. „Bei dieser Reform sehe ich nur Verlierer: Die Asylbewerber bekommen weniger Geld, der Staat spart aber kein Geld, und es wird schwieriger, Leute in Arbeit zu vermitteln. Das ist ein Schuss in den Ofen.“
Palmer schlägt überraschend Koalition mit AfD vor
In der weiteren Sendung kam die Talkrunde auch auf die AfD zu sprechen, und wie die Partei im Osten Deutschlands immer stärker werden. Der parteilose Palmer machte daraufhin einen überraschenden Vorschlag: In einem ostdeutschen Bundesland könne der Ministerpräsident und der Verfassungsminister von der CDU gestellt werden.
So könnte man ein Risiko für die Verfassung ausschließen. „Ansonsten wird der AfD ein sehr klares Koalitionsangebot gemacht, und dann schauen wir, was wirklich passiert, wenn die mitregieren.“
Palmer ist überzeugt: „Sie werden ganz sicher nicht das Rentenniveau auf 70 Prozent erhöhen, wie es in ihrem Wahlprogramm steht.“ Der AfD fehle hier nämlich der Realismus.
AfD-Koalition? Juso-Chef schockiert über Palmers Vorschlag
Juso-Chef Türmer lehnte Palmers Vorschlag einer Koalition mit der AfD direkt vehement ab: Das wäre „sehr nahe und fast wortgleich“ zu dem, was Ende der 1920er- und zu Beginn der 1930er-Jahre über die NSDAP behauptet worden sei. „Ich halte die AfD für eine sehr gefährliche Partei. Man darf sie nicht in Regierungsverantwortung lassen“, erklärte er wütend.

„Und aus guten Gründen gibt es in unserer Verfassung ein Mittel gegen solche Parteien, gegen Parteien, die am Ende die Mittel der Demokratie dafür nutzen würden, die Demokratie selbst zu beseitigen: Das ist das Parteienverbot“, beteuerte Türmer weiter. Da müsse man jetzt Nägel mit Köpfen machen.




