Fast zehn Jahre hat es gedauert, doch nun gab es endlich ein Stück Gerechtigkeit für die Angehörigen der Toten auf dem Kiewer Maidan. Ein ukrainisches Gericht hat am Donnerstag erstmals Todesschützen verurteilt, die auf Demonstranten geschossen haben sollen.
Bei den Protesten für eine westliche Ausrichtung der Ukraine zwischen November 2013 und Februar 2014 wurden mehr als 50 Menschen auf den Straßen der Hauptstadt der Ukraine erschossen. Weitere Menschen starben an den Folgen von Verletzungen oder wurden entführt und ermordet. Insgesamt tötete das damalige Regime, dass von Russland unterstützt wurde, mehr als 100 Zivilisten.

Berkut-Schützen wurden verurteilt – verstecken sich aber in Russland
Ein stellvertretender Regimentschef der Sondereinheit „Berkut“ (Steinadler) wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, wie ukrainische Medien am Mittwoch berichteten. Zwei Polizisten sollen demnach 15 Jahre ins Gefängnis. Die drei Männer wurden in Abwesenheit verurteilt, weil sie 2019 in einem Gefangenenaustausch an die russischen Besatzungsbehörden in den von Russland besetzten Gebieten der Ukraine übergeben worden waren. Dadurch sind sie für die Justiz nicht mehr greifbar. Auch weitere Hintermänner verstecken sich in Russland vor einer Strafverfolgung.
Zwei weitere Angeklagte sprachen die Geschworenen in dem Verfahren vom Vorwurf der Beteiligung an den tödlichen Schüssen frei. Sie waren freiwillig nach Kiew zurückgekehrt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Im Winter 2013/2014 demonstrierten in Kiew Zehntausende knapp drei Monate lang auf dem Maidan, dem Unabhängigkeitsplatz, gegen den russlandfreundlichen Präsidenten Wiktor Janukowitsch. Nachdem die Berkut-Spezialeinheiten immer wieder mit brutaler Gewalt gegen die Demonstranten vorgegangen waren, eskalierte die Situation zunehmend.

Nach Revolution begann Russland Krieg gegen die Ukraine
Die Proteste schlugen in Gewalt um, die Staatsmacht ging brutal gegen die Menschen vor. Die Protestierenden organisierten Widerstand. Dutzende Demonstranten und 17 Polizisten starben. Doch die Proteste setzten sich durch. Der von Russland unterstützte Präsident Janukowitsch floh, lebt seitdem im Exil im russischen Rostow am Don. Die Ukraine organisierte Neuwahlen.
Doch der Preis der Freiheit ist hoch: Nach Janukowitschs Sturz besetzte und annektierte Russland die Schwarzmeer-Halbinsel Krim. Pläne für die Besetzung hatte Russland schon länger in der Schublade. Anschließend schickte Moskau Soldaten in die Ostukraine und organisierte bewaffnete Kräfte, die im Donbass-Krieg die sogenannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk gründeten - zwei Marionetten-Gebilde, die aber de facto von Russland kontrolliert wurden. Im Februar 2014 dann fiel die russische Armee dann auch offiziell im Nachbarland ein und annektierte vier weitere nur zum Teil besetzte Regionen in der Ost- und Südukraine.