Man muss schon sehr MAGA-Gaga sein, um nach der Präsidentschaftsdebatte nicht zuzugeben, dass Kamala Harris ihren Rivalen klar dominiert hatte. Ein weiterer Beleg dafür ist die „Die Moderatoren waren gegen mich“-Beschwerde, mit denen Donald Trump seither in jedem Interview kommt – natürlich mit dem Nachsatz: „Ich habe trotzdem die Debatte klar gewonnen!“
Dass selbst seine schärfsten Anhänger zugeben müssen, dass die verhasste Vizepräsidentin viel besser und souveräner rüberkam als ihr Idol, belegt jetzt eine weiter verbreitete Verschwörungstheorie im Republikaner-Lager. Nach der soll Harris illegale und unfaire Hilfe beim Rededuell bekommen haben – durch ihre Ohrringe.
Bereits während der Debatte in Philadelphia echauffierten sich Trump-Fans auf Elon Musks Mikroblogging-Dienst X, dass Harris’ ungewöhnlich gute Leistung auf dreistem Schummeln beruhte. Die Theorie: Kamalas Ohrringe waren mit einem Bluetooth-Speaker ausgestattet, mit dessen Hilfe ihr Berater ihr schlagfertige Sätze ins Ohr „flüstern“ konnten.
Kamala Harris soll Hilfe ins Ohr geflüstert bekommen haben
Ein X-User namens „The Maverick Approach“ verbreitete am Folgetag sogar die Behauptung, dass es sich um Smart-Ohrringe Made in Germany gehandelt habe. Er postete ein Foto von Bluetooth-Ohrringen der Firma Nova und schrieb: „Während der Debatte war mir klar, dass man ihr die Sätze vorgesagt haben muss. Und meine Vermutung hat sich bestätigt. Nova stellte die einzigen Wireless Ohrhörer-Ohrringe her.“
Tatsächlich sind die „Nova H1 Audio Earrings“ noch nicht im freien Verkauf erhältlich. Auf der seit Mai 2023 inaktiven Crowdfunding-Webseite Kickstarter beschwerten sich dagegen Investoren, dass die 625 Dollar teuren Ohrringe – „Sie transportieren Sound direkt aus der Perle in den Ohrkanal“ – nie geliefert wurden. Zudem sehen die Bluetooth-Clip-Ohrringe, abgesehen von der Perle, vom Design her völlig anders aus als Harris’ goldenen Perlenohrringe vom Nobeljuwelier Tiffany.
Doch solche Fakten waren dem Trump-Lager egal. Es dauerte nicht lange und die Verschwörungstheorie wurde auf allen Social-Media-Kanälen bis hin zu Moderator Jesse Waters auf Trumps Haussender Fox News verbreitet. Der republikanische Präsidentschaftskandidat nahm die Vorlage dankbar auf. In der Sendung „Fox & Friends“ behauptete der 78-Jährige: „Das Ganze war ein abgekartetes Spiel von jemandem, der vielleicht sogar die Antworten bekommen hat.“ ■