Nach seinem Wahlsieg kann Geert Wilders (60) nicht allein regieren. Trotzdem jubeln andere Rechtspopulisten in Europa. Droht jetzt ein neuer Rechtsruck?
Die Niederlande stehen nach dem Wahlsieg des Rechtspopulisten Wilders bei der Parlamentswahl vor einem historischen Rechtsruck. Der Rechtsaußen will nun mit seiner islamfeindlichen Partei regieren und Nachfolger des scheidenden Ministerpräsidenten Mark Rutte werden, der nach einer Rekord-Amtszeit von der Politikbühne abtritt. Doch ob Wilders' Partei wirklich ein Bündnis mit anderen Partnern schmieden kann ist offen. Denn Koalitionsverhandlungen dürften schwierig werden.
„Das Signal, das der niederländische Wähler nun gibt, ist: Es muss anders werden“, sagte Wilders am späten Mittwochabend. „Die Niederländer müssen wieder Nummer eins sein.“ In seinem Parteiprogramm fordert der 60-Jährige, Moscheen und den Koran zu verbieten und spricht sich für den Nexit aus - den Austritt der Niederlande aus der EU. Auch will er die Grenzen schließen, Flüchtlinge und Arbeitsmigranten nicht mehr ins Land lassen und Klimaschutz als politisches Ziel abschaffen.
Wilders' Partei für die Freiheit verdoppelt Sitze im Parlament
Nach der Hochrechnung, die die Nachrichtenagentur ANP am frühen Donnerstagmorgen veröffentlichte, dürfte Wilders' „Partei für die Freiheit“ (PVV) auf 36 der 150 Sitze in der Zweiten Kammer des Parlaments kommen, die vergleichbar mit dem Deutschen Bundestag ist. Das wären mehr als doppelt so viele Mandate wie bei der vorherigen Wahl 2021.
Zweitstärkste Kraft ist demnach das rot-grüne Bündnis mit dem früheren EU-Kommissar Frans Timmermans an der Spitze, das auf 25 Sitze hoffen kann - acht mehr als bisher. Ruttes rechtsliberaler VVD mit der Spitzenkandidatin Dilan Yesilgöz werden nur noch 24 Sitze zugerechnet - zehn weniger als bei der vorigen Wahl. Die erst vor wenigen Wochen gegründete Partei des ehemaligen Christdemokraten Pieter Omtzigt, der Neue Soziale Vertrag (NSC), kommt laut Hochrechnung auf 20 Sitze. Für eine koalitionsfähige Mehrheit wären also mindestens drei Parteien nötig.
Nach dem Wahlsieg erklärte Wilders, er wolle „Premier aller Bürger sein“
Der Wahlsieg der mit islam- und ausländerfeindlichen Parolen punktenden PVV in den als liberal geltenden Niederlanden schockte viele etablierte Parteien. Nicht nur Flüchtlingsorganisationen und muslimische Verbände reagierten entsetzt. Andere Rechtspopulisten in Europa dagegen bejubeln Wilders' Triumph. „Herzlichen Glückwunsch zu diesem großen Erfolg. Ganz Europa will die politische Wende!“, schrieb AfD-Chefin Alice Weidel im Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter. Auch der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban und die französische Rechtsnationalistin Marine Le Pen gratulierten Wilders.
Wilders zeigte sich sehr bemüht, Ängste vor einem zu radikalen Vorgehen seiner Partei zu zerstreuen. Er wolle ein „Premier aller Bürger sein“. Die von ihm angestrebte Zwangsschließung von Moscheen sei aktuell kein Thema, versicherte er. Priorität habe jetzt, den angeblichen „Asyl-Tsunami“ zu begrenzen.
Die vorgezogene Parlamentswahl wurde notwendig, nachdem Ruttes Mitte-Rechts-Koalition im Sommer nach nur 18 Monaten zerbrochen war. Anlass dafür war ein Streit über die Migrationspolitik. Rutte, der mit 13 Jahren am längsten amtierende Ministerpräsident der niederländischen Geschichte, kündigte darauf seinen Abschied aus der nationalen Politik an. Er will jetzt Nato-Generalsekretär werden. Bis zur Vereidigung einer neuen Regierung soll Rutte noch im Amt bleiben.