Von der Straße nach Straßburg

Klimakleber wollen ins EU-Parlament – als Abgeordnete!

Die „Letzte Generation“ will bei der Europawahl im Juni antreten. Ihr erklärtes Ziel: „Das EU-Parlament aufzumischen“.

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Abgeordnete stimmen im Europäischen Parlament in Straßburg über ein Gesetz ab.
Abgeordnete stimmen im Europäischen Parlament in Straßburg über ein Gesetz ab.Jean-Francois Badias/AP/dpa

„Jetzt wollen wir unseren Widerstand von der Straße auch ins Parlament bringen“, erklärte die Sprecherin der „Letzten Generation“ Carla Hinrichs in einer Online-Konferenz am Mittwoch. Die Gruppe stehe laut Hinrichs für die, die kein Blatt vor den Mund nähmen. Jetzt gelte es, „das EU-Parlament aufzumischen“.

Für eine Kandidatur zur Europawahl im Juni werde es sehr knapp, ergänzte Henning Jeschke, einer der Gründer der „Letzten Generation“. Laut Jeschke reiche bei der Europawahl ein Stimmenanteil von 0,5 Prozent, um einen Sitz im EU-Parlament zu erobern, das seien etwa 250.000 Stimmen.

Nun gebe es zunächst eine „Community Challenge“: Man versuche, binnen einer Woche intern 100 Freiwillige für die Aktion zu finden sowie 50.000 Euro Spenden zu sammeln, so Jeschke. Danach werde man beginnen, die nötigen 4500 Unterschriften zu sammeln. Eine politische Vereinigung sei für die Kandidatur bereits gegründet. Jeschke nannte zwei mögliche Spitzenkandidaten, beide kommen aus Ostdeutschland: Lina Johnsen aus Leipzig und Theo Schnarr aus Greifswald.

Kürzlich hatte die Klimakleber angekündigt, auf diese Protestform in Zukunft zu verzichten

Die 2021 nach einem Hungerstreik gegründete Gruppe hatte zwei Jahre lang vor allem Straßen mit festgeklebten Aktivisten blockiert, um gegen eine aus ihrer Sicht zu langsame Klimapolitik der Bundesregierung zu protestieren. Kürzlich hatte sie angekündigt, auf diese Protestform in Zukunft zu verzichten. Demonstrationen und zivilen Ungehorsam solle es weiter geben.

„Wir als Letzte Generation, wir haben jetzt zwei Jahre den Job in der Gesellschaft gemacht, den eigentlich niemand machen will: Wir waren der Bote der schlechten Nachrichten“, sagte Hinrichs. Doch sei die Gruppe auch „der Bote, dass es eine bessere Welt geben kann“.

Jeschke sagte: „Du kannst auf den Straßen richtig wild alles zumachen, blockieren, ganz viele Menschen gehen dahin, und Leute legen ihre Arbeit nieder und alles – es braucht eine konfrontierende Macht am Ende auch im Parlament.“ Natürlich gebe es die Sorge vor dem „Niedergang durch die Institutionen“. Aber selbst anzutreten sei besser, als „heimlich die Grünen wählen“. Diesen warf Jeschke „Kompromisssucht“ vor.

Bei der nächsten Europawahl, die vom 6. bis 9. Juni stattfinden soll, gilt in Deutschland keine Sperrklausel. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2011 zunächst eine Fünf-Prozent-Hürde gekippt, später dann auch eine Drei-Prozent-Hürde. Eine Wahlrechtsreform von 2022 sieht vor, dass bei künftigen Wahlen in großen Mitgliedsstaaten wie Deutschland wieder eine Sperrklausel eingeführt wird.■