Deutschlands Kinderärzte gehen auf die Barrikaden. Sie klagen über volle Arztpraxen, zu viel Bürokratie und gesetzliche Vorschriften.
Hauptpunkt ihrer Forderungen: Die Krankschreibung von Kindern bei leichten Erkrankungen soll abgeschafft werden. Dies würde die Arztpraxen wirklich entlasten. Die Abschaffung der Bescheinigungen, die zum Bezug von Kinderkrankengeld nötig seien, stehe an erster Stelle, wenn es um den Abbau von Bürokratie gehe, sagte der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Michael Hubmann, der Ärzte-Zeitung (Donnerstag). Er kritisiert, dass Kinderärzte eine harmlose Krankheit bescheinigen müssten. Eltern könnten harmlose Erkrankungen selbst managen.
„Vor allem aber können wir schlichtweg nicht beurteilen, ob zur Betreuung eines Kindes ein Elternteil zu Hause bleiben muss oder ob das innerfamiliär anders geregelt werden könnte. Absurderweise wird aber genau das von uns gesetzlich verlangt“, so der Pädiater. Arztpraxen seien als „Verfolgungsbehörden der Arbeitgeberverbände denkbar ungeeignet“.
Kinderärzte-Boss: Absurde gesetzliche Regelungen
Für die Betreuung kranker Kinder bis zwölf Jahre können sich Eltern von der Arbeit freistellen lassen. Die Kasse übernimmt dann einen Großteil des Verdienstausfalls und zahlt Kinderkrankengeld – in der Regel 90 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Dazu brauchen Eltern allerdings eine ärztliche Bescheinigung. Diese Krankschreibung zur Betreuung können sie seit dem 18. Dezember auch telefonisch und ohne Praxisbesuch beantragen. Möglich sind Bescheinigungen zum Bezug von Kinderkrankengeld für maximal fünf Tage.
Als unnötige Arbeit wertete Hubmann auch Atteste, die notwendig seien, damit Kinder bei kleineren gesundheitlichen Leiden wieder zurück in die Kita oder die Schule könnten. Er führte dazu folgendes Beispiel an: „Ein Kind hat einen Mückenstich. Die Kita sagt: Das Kind hat einen Hautausschlag. Also hole ich den Papa aus seiner Redaktionskonferenz. Der holt seinen Sohn ab und kommt zu mir in die Praxis.“ Ein solches Szenario sei „kein Witz, das ist Alltag und ein gesellschaftlicher Schaden“.