Margot Friedländer starb zum 80. Jahrestags des Kriegsendes – heute, eine Woche später, wurde sie nun auf dem Jüdischen Friedhof in einem Ehrengrab in Berlin-Weißensee beigesetzt. Die Flaggen wehten auf halbmast.
Margot Friedländer, geboren 1921 in Berlin, erlebte das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte hautnah. Ihr Vater Arthur Bendheim führte ein Knopfladengeschäft am Hausvogteiplatz. Erst wurde ihre Familie von der Skalitzer Straße in Kreuzberg, nicht weit vom Kotti, deportiert. „Versuche, dein Leben zu machen“, war die letzte Botschaft ihrer Mutter an Margot Friedländer – dann sahen sie sich nie wieder.
Die damals 21-Jährige tauchte unter, färbte sich die Haare und trug ein Kreuz. Auch ließ sie sich die Nase korrigieren. Nach 15 Monaten verstecken wurde Margot Friedländer dann doch enttarnt und ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Sie als einzige ihrer Familie überlebte den Holocaust, und emigrierte nach dem Krieg in die USA. Sie hätte das dunkle Deutschland für immer hassen können, besuchte aber 2003 das erste Mal Deutschland seit 1946.

Margot Friedländer und ihr Einsatz gegen das Vergessen
Im Alter von 88 Jahren kehrte sie in ihre Heimatstadt Berlin zurück, wo sie sich unermüdlich für die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten einsetzte –als eine der wichtigsten Zeitzeugen in der modernen Geschichte. Sie sprach für die, die nicht sprechen können. Sie setzte sich bei zahlreichen Veranstaltungen etwa an Schulen für Menschlichkeit und Demokratie, gegen das Vergessen der NS-Verbrechen und gegen Hass ein. Den zunehmenden Antisemitismus und Rechtsextremismus beobachtete sie mit Sorge.
Ihren letzten öffentlichen Auftritt absolvierte die Holocaust-Überlebende am 7. Mai, zwei Tage vor ihrem Tod bei einer Gedenkveranstaltung des Landes Berlin zum 80. Jahrestag des Kriegsendes.
Margot Friedländer verstarb letzte Woche, 9. Mai, im Alter von 103 Jahren hier in Berlin. Heute, Donnerstag, den 15. Mai 2025, wird sie nun beerdigt.
Unter den Trauernden sind Deutschlands bekannteste Politiker und hochrangige Gäste: darunter die Bundeskanzlerin a. D. Angela Merkel, der ehemalige Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundeskanzler Friedrich Merz, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Gideon Joffe, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der frühere Bundespräsident Joachim Gauck, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner. Auf dem Friedhof fanden sich außerdem Schauspielerin Iris Berben und Moderatorin Dunja Hayali ein.
Der Sänger Max Raabe sang bei der Trauerfeier das Lied „Irgendwo auf der Welt“. Dort heißt es unter anderem: „Irgendwo auf der Welt gibt's ein kleines bisschen Glück, und ich träum' davon in jedem Augenblick.“ Das sei der Wunsch Margot Friedländers gewesen, sagte Leeor Engländer, Managing Director der Margot-Friedländer-Stiftung.

In einer anschließenden Rede sprach Engländer über die vielen Besuche Friedländers in Schulklassen und an Universitäten, die vielen Lesungen, die sie immense Kraft kosteten. Friedländer habe sich auch Sorgen gemacht, besonders um die Zunahme von Judenhass seit dem 7. Oktober 2023 und das Erstarken antidemokratischer Strömungen. Doch nach außen sei sie immer positiv gewesen, so Engländer. „Das Trauma des Erlebten ließ dich nie mehr los. Und trotzdem: Du wolltest leben“, sagte er.
Sichtlich bewegt äußerte sich Schauspielerin Iris Berben nach der Trauerzeremonie. Sie empfand die Anwesenheit der vielen Politiker als „extrem starkes Zeichen“.
Guten Morgen #Berlin,
— Polizei Berlin Einsatz (@PolizeiBerlin_E) May 15, 2025
heute sorgen rund 430 Einsatzkräfte für einen sicheren und würdevollen Ablauf der Beisetzung von Margot Friedländer.
Bitte beachten Sie, dass es aufgrund von Sperrungen rund um den Haupteingang des Jüdischen Friedhofes in #Weißensee zu… pic.twitter.com/iA4FAk30vq

Der Rabbiner der Jüdische Chabad Berlin, Yehuda Teichtal, sagte: „Margot, Deine Geschichte ist eine Geschichte der Stärke und der unzerbrechlichen Menschlichkeit.“ Das Vermächtnis Friedländers sei es, immer zu versuchen, die Welt zu einem menschlicheren und besseren Ort zu machen.

Die Berliner Polizei begleitet die Beisetzung mit einem Großaufgebot: Rund 430 Polizisten und weitere Einsatzkräfte sind im Einsatz, um für einen „sicheren und würdevollen Ablauf“ zu sorgen. Das schreiben die Beamten auf X.
Als Berliner Ehrenbürgerin erhält sie ein sogenanntes Ehrengrab. Im Roten Rathaus gibt es ein Kondolenzbuch und die Öffentlichkeit hat die Möglichkeit, sich in das Kondolenzbuch einzutragen. Es soll bis Freitag, 23. Mai immer von 9 bis 18 Uhr ausliegen.