Vorentscheidung in Den Haag

UN-Gericht: Israel muss mehr humanitäre Hilfe in Gaza zulassen

Israel muss sich erstmals wegen des Vorwurfs des Völkermordes verantworten. Das höchste UN-Gericht fordert, mehr humanitäre Hilfe in Gaza zuzulassen.

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Die südafrikanische Delegation (l.) und die israelische Delegation (r.) während einer Sitzung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag.
Die südafrikanische Delegation (l.) und die israelische Delegation (r.) während einer Sitzung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag.Patrick Post/AP/dpa

Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat eine Gefahr von Völkermord im Gazastreifen festgestellt, verpflichtet Israel aber nicht zum Ende des Militäreinsatzes. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen beauftragte Israel, mehr Schutzmaßnahmen für Palästinenser zu ergreifen, um Völkermord zu verhindern.

Es ist ein deutliches Signal der UN-Richter: Sie sehen die Gefahr, dass die Völkermord-Konvention verletzt werden könnte. Israel hatte die Vorwürfe Südafrikas zuvor als haltlos zurückgewiesen und sich auf das Recht zur Selbstverteidigung nach dem Massaker der Hamas und anderer Terrorgruppen vom 7. Oktober berufen.

Die internationalen Richter entsprachen damit nur teilweise einem Eilantrag Südafrikas. Das Land hatte eine sofortige Einstellung der militärischen Handlungen in Gaza gefordert hatte. Israel muss nun aber Schutzmaßnahmen ergreifen und mehr humanitäre Hilfe zulassen. Israel muss außerdem alles dafür tun, Aufrufe zum Völkermord zu verhindern und zu bestrafen, befanden die Richter.

Verhaltende und kritische Reaktionen aus Israel

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die erste Entscheidung des UN-Gerichts zurückhaltend aufgenommen. „Israels Respekt für das internationale Recht ist unerschütterlich“, teilte Netanjahu am Freitag in einer Video-Botschaft mit. Zugleich werde sich Israel weiterhin „gegen die Hamas, eine völkermordende terroristische Organisation, zur Wehr setzen“.

Klar ablehnend äußerte sich Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir zum Entscheid der UN-Richter. Das „antisemitische Gericht in Den Haag“ ziele „nicht auf Gerechtigkeit, sondern auf die Verfolgung des jüdischen Volkes“ ab. Der Richterspruch gefährde den Fortbestand des Staates Israel, so Ben-Gvir, der auch Minister für nationale Sicherheit ist.

Es ist die erste Entscheidung in dem Völkermord-Verfahren in Den Haag

Südafrika hatte Ende Dezember Klage gegen Israel in Den Haag eingereicht. Das Gericht entschied aber noch nicht über den Hauptvorwurf des Völkermordes. So ein Verfahren kann sich über Jahre hinziehen.

Die Entscheidungen des UN-Gerichts sind bindend. Die Richter haben aber keine Machtmittel, um diese auch durchzusetzen. Unklar ist, ob Israel sich an diese Anordnung des UN-Gerichts halten wird. Wann das Verfahren zum Hauptvorwurf des Völkermordes beginnen wird, ist nicht noch nicht bekannt. ■