821 schwerkriminelle Netzwerke sind nach einem Bericht von Europol in der Europäischen Union aktiv und bedrohen Bürger und Rechtsstaat. Diese Banden mit mehr als 25.000 Mitgliedern seien hochprofessionell und skrupellos, heißt es in dem am Freitag in Den Haag und Brüssel vorgelegten Bericht zum organisierten Verbrechen.
Das Hauptgeschäft ist der Analyse zufolge der Drogenhandel. Jedes zweite Netzwerk sei darin verwickelt, heißt es, vorwiegend gehe es um Kokain, aber auch um synthetische Drogen und das in Deutschland jetzt teil-legalisierte Cannabis. Weitere typische Verbrechen sind Betrug, Einbrüche und Diebstahl, Menschenhandel sowie Schmuggel von Migranten.
Die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson warnte in Brüssel: „Das organisierte Verbrechen ist eine der größten aktuellen Bedrohungen für die Sicherheit der Bürger, unserer Kinder und Jugendlichen und der Demokratie durch Korruption und extreme Gewalt.“
Die Europol-Analyse ist ein wichtiges Instrument im Kampf gegen das organisierte Verbrechen
Zum ersten Mal identifizierte Europol diese Netzwerke und analysierte ihre Arbeitsweise und Organisationsstruktur auf der Grundlage von Daten aus allen EU-Mitgliedstaaten sowie einiger Partnerländer. „Wir wissen, wer sie sind, wie sie organisiert sind, wie sie ihr Geld verdienen, mit wem sie zusammenarbeiten“, sagte Europol-Chefin Catherine De Bolle. Die Analyse sei ein wichtiges Instrument für Ermittler im Kampf gegen das organisierte Verbrechen.
Es seien hochprofessionelle und international operierende Organisationen. Sie seien flexibel, kontrollierend und zerstörerisch, heißt es weiter in dem Bericht. „Sie operieren nicht in einer isolierten kriminellen Unterwelt, sondern haben direkte Einwirkung auf das Leben der EU-Bürger.“
Als ein Beispiel nennt der Bericht die mächtigen 'Ndrangheta-Familien in Italien: Profite aus Drogen- und Waffenhandel würden in ganz Europa investiert in legale Geschäfte wie Immobilien, Supermärkte oder Hotels. In den Niederlanden ist die Mocro Mafia bekannt, eine gefährliche Drogenbande mit mehreren aus Marokko stammenden Mitgliedern. Allein in Belgien sind demnach mehr als 100 der Banden aktiv, darunter auch albanische Familien-Clans.
Die größte Gefahr: das Eindringen der Kriminellen in die legale Geschäftswelt
Die größte Bedrohung liegt Europol zufolge in der Infiltrierung der legalen Geschäftswelt - damit wollen die Banden ihre Verbrechen erleichtern und verschleiern und ihre Profite waschen. 86 Prozent der Netzwerke nutzten legale Geschäftsstrukturen, eine große Mehrheit arbeite mit Korruption und Gewalt.
Diese Analyse und Datenbank sollten dabei helfen, das organisierte Verbrechen gezielter anzugehen, sagte Europol-Chefin De Bolle. Das Unsichtbare sei nun sichtbar - zumindest für die Ermittler. Der Bericht ist allerdings kein Telefonbuch des organisierten Verbrechens. Namen, Kontakte und Strukturen werden nicht genannt. Die vertraulichen Informationen würden aber an die Ermittler in den Ländern übermittelt, so De Bolle. „Die Verbrecher können sich nicht länger verstecken.“■