Zum ersten Mal dürfen bei der Europawahl auch Jugendliche ab 16 Jahren mitwählen. Das bedeutet, wir haben dieses Jahr bei der Europawahl mehr junge Stimmen als je zuvor. Und das ist in der Theorie super für die EU: Denn laut Umfragen sind junge Menschen zwischen 16 und 25 proeuropäischer als andere Generationen. Sie befürworten die Demokratie in der Europäischen Union und haben starke Meinungen zu Themen, auf die das Europäische Parlament direkten Einfluss hat, wie die Sicherung des Friedens, Bürgerrechte oder der Klimawandel.
Es gibt nur ein Problem: Wählen wollen sie anscheinend nicht. Nur 57 Prozent der in Deutschland lebenden 16- bis 25-Jährigen geben bei einer Umfrage an, bei der Europawahl ihre Stimme abgeben zu wollen. Das gibt Rätsel auf – woran liegt’s, dass die Jugend nicht wählen geht?
Junge Menschen sind Europa-Fans
Ich stelle jetzt mal eine gewagte These auf: Ich glaube, der Ruf von Europa und der Europäische Union ist einfach zu gut. Dass die Europäische Union eine riesige Errungenschaft ist, wird in der Schule und den Nachrichten überzeugend vermittelt. Einmal im Jahr feiern wir alle den ESC, wo man sich ein bisschen als große Familie wahrnimmt, vielleicht mit ein paar geschwisterlichen Zwisten. In diesem Sommer schauen wir zusammen die Fußball-Europameisterschaft. Die Europäische Union im Alltag – das ist für junge Menschen vor allem Friede, Freude, Eierkuchen.
Gleichzeitig ist der politische Alltag des Europaparlaments gedanklich so weit weg, dass anders als bei lokalen und nationalen Wahlen viele im Detail nicht wissen, was überhaupt verbessert werden kann und soll.