Es klappert, scheppert und kracht auf Deutschlands Schienenwegen. Denn die befinden sich in einem beklagenswerten Zustand! Das behaupten aber nicht eingefleischte Bahn-Gegner, sondern die Bahn selbst - nämlich im aktuellen Netzzustandsbericht, den am Mittwoch die Bahn-Infrastrukturtochter InfraGo veröffentlichte.
Danach hat sich der Zustand des Schienennetzes in Deutschland erneut leicht verschlechtert. Und so gibt die Deutsche Bahn der eigenen Infrastruktur für das vergangene Jahr lediglich eine mittelmäßige Note von 3,03.
Für das Vorjahr war der Wert mit 3,01 nur etwas besser. Erstmals vergibt der Konzern in dem Bericht auch eine Note für die rund 5400 Personenbahnhöfe der InfraGo. Sie kommen dabei auf einen ebenfalls nur mittelmäßigen Wert von 3,09.
Bahn: Sämtliche Anlagen sind verkehrssicher
Die Bahn betont, dass sämtliche Anlagen der Infrastruktur „stand-, betriebs- und verkehrssicher“ seien. „Jedoch liegen vor allem pünktlichkeitsrelevante Anlagen wie Weichen, Bahnübergänge und Stellwerke im hochbelasteten Netz nur im Notenbereich mittelmäßig bis mangelhaft.“ Das spüren vor allem die Bahnfahrgäste im Fernverkehr: Jeder dritte Fernzug war im vergangenen Jahr verspätet unterwegs. Ähnlich unzuverlässig ist die Bahn bislang auch in diesem Jahr. Grund sind die vielen Baustellen auf dem sanierungsbedürftigen Netz, die den Verkehr ausbremsen.
Dem Netzzustandsbericht zufolge beläuft sich der Erneuerungsbedarf im Netz inzwischen auf mehr als 92 Milliarden Euro. Die Summe bezeichnet den Wert der Anlagen mit den Notenstufen schlecht bis mangelhaft, die mittel- bis kurzfristig ersetzt werden müssen. Im Vergleich zum Vorjahr stieg sie dem Bericht zufolge um knapp zwei Milliarden Euro. Hinzu kommen 17,6 Milliarden Euro für sanierungsbedürftige Bahnhöfe.
Bahnübergänge und Stellwerke oft museumsreif
Besonders schlecht bestellt ist es dem Bericht zufolge um Bahnübergänge und Stellwerke. Davon sind viele inzwischen so überaltert, dass lediglich ein Neubau infrage kommt. Die Bahn vergibt bei den Stellwerken inzwischen den schlechten Wert 4,02. „Das ist eindeutig ein Alarmsignal“, teilte der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, am Mittwoch mit. „Zu viele unserer Stellwerke sind reif fürs Museum. Die Politik muss den Schalter umlegen und die Digitalisierung der Stellwerke zügig vorantreiben.“ Davon profitierten dann auch die Fahrgäste und Transporteure durch pünktlichere Züge.
Auch die Bahn sieht laut dem Bericht „besonderen Handlungsbedarf“. Mit einem großangelegten Investitionsprogramm will sie in den kommenden Jahren Dutzende, vor allem hochbelastete Streckenabschnitte umfassend modernisieren. Start ist in diesem Jahr auf der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim, die während der Bauarbeiten für rund fünf Monate vollständig gesperrt wird.