Obwohl noch einige Stimmen ausgezählt werden müssen, steht schon fest, wer in den nächsten sechs Jahren in Russland herrschen wird: Wladimir Putin. Laut ersten Teilergebnissen wurde der 71-Jährige von der staatlichen Wahlkommission und von russischen Medien als „klarer Sieger“ gekürt – mit Rekordergebnis. Im Kreml feiert man schon den alten, neuen Diktator.
Einschüchterungsversuche, keine wirklichen Gegenkandidaten, der Tod von Regimegegner Alexej Nawalny im Vorfeld, dazu die Vorwürfe der Wahlmanipulation: Es dürfte niemanden verwundern, dass Putin die Russland-Wahl gewinnt. Sein Sieg war bereits vor dem Urnengang der Russen eine ausgemachte Sache.
Dennoch wird dieser Sieg nun als Triumph eines Mannes dargestellt, der Russland wie ein Diktator regiert und der seit über zwei Jahren Krieg gegen die Ukraine führt. 87,47 Prozent der Wähler hätten für Putin gestimmt, erklärte Wahlkommissions-Chefin Ella Pamfilowa am Sonntagabend nach Auszählung von 36,3 Prozent der Wahllokale im Staatsfernsehen. Das sei schon jetzt ein Rekordergebnis. 114 Millionen Menschen waren zur Wahl aufgerufen.
Putin, der Russland in der Größe der alten Sowjetunion wiederauferstehen lassen möchte: In der Tat, die diesjährige Wahl erinnert schon an die Zeiten der vergangenen kommunistischen Machthaber. Alle bekannteren Kritiker des Kreml-Chefs Putin sind entweder tot, inhaftiert oder im Exil. Aus dem Ausland kam entsprechende scharfe Kritik am Verlauf der Stimmabgabe. „Russland hat seine Wahl getroffen“, sagte Wahlkommissions-Chefin Pamfilowa. Die Wahlbeteiligung betrug demnach 74,22 Prozent.
Das Wahlergebnis ermöglicht es Putin, bis 2030 zu regieren

Das Wahlergebnis ermöglicht es Putin, bis 2030 zu regieren und damit insgesamt länger als jeder russische Staatenlenker seit Katharina der Großen im 18. Jahrhundert. Der britische Außenminister David Cameron beklagte, die Wahl sei weder frei noch fair verlaufen. Er kritisierte das illegale Abhalten des Urnengangs in den besetzten Gebieten der Ukraine, den Mangel an echten Wahlmöglichkeiten und das Fehlen jeglicher Kontrolle des Urnengangs durch internationale Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Kritik kommt auch aus Deutschland: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) wollte Putin laut einem Zeitungsbericht nicht wie in solchen Fällen üblich zu seiner weiteren Amtszeit gratulieren. „Es wird kein Schreiben an Putin geben“, teilte Bundespräsidenten-Sprecherin Cerstin Gammelin mit.
Bereits zuvor hatte Steinmeier erklärt, er denke am Wahltag „an die Menschen in Russland, die dort für Freiheit und Demokratie kämpfen und in ständiger Gefahr vor Putins Regime leben“. „Die Pseudowahlen in Russland sind weder frei noch fair, das Ergebnis überrascht niemanden“, erklärte das Auswärtige Amt in Berlin im Onlinedienst X. Putin herrsche „autoritär, er setzt auf Zensur, Repression und Gewalt“.
Bundespräsident Steinmeier will Putin nicht zum Wahlsieg gratulieren
Trotz Drohungen der Behörden mit harten Strafen gab es am Rande der Wahl einzelne Protestaktionen, laut der Bürgerrechtsorganisation OWD-Info wurden dabei mindestens 80 Menschen festgenommen. Die Behörden meldeten Festnahmen wegen „Vandalismus“. Demnach gossen Menschen in Wahllokalen grünen Farbstoff in Wahlurnen, zudem zündeten Wähler bei der Stimmabgabe Molotowcocktails oder Feuerwerkskörper.

Auch in Berlin gab es am Sonntag Proteste. Unter den Linden in Berlin-Mitte waren nicht nur lange Schlangen vor dem Wahllokal der russischen Botschaft zu sehen. Auch die Witwe des vor einem Monat in Lagerhaft gestorbenen Oppositionsführers Alexej Nawalny erschien.
Sie rief die Putin-Gegner auf, als Zeichen des Protests mittags in Massen in die Wahllokale zu strömen und für Putins Gegenkandidaten zu stimmen oder Stimmzettel mit der Aufschrift „Nawalny“ ungültig zu machen. Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja selbst gab ihre Stimme in der russischen Botschaft in Berlin ab, wo Anhänger sie mit Blumen und Applaus begrüßten. Auch sie schrieb den Namen ihres Mannes auf den Stimmzettel. ■