Es begann in Moskau: Eine Frau legt Blumen vor dem Denkmal der ukrainischen Dichterin Lessja Ukrajinka nieder. Angelehnt ist ein Foto des zerstörten Hauses in Dnipro.
Es begann in Moskau: Eine Frau legt Blumen vor dem Denkmal der ukrainischen Dichterin Lessja Ukrajinka nieder. Angelehnt ist ein Foto des zerstörten Hauses in Dnipro. AFP

Der mörderische russische Raketenangriff auf ein Wohnhaus in der ukrainischen Großstadt Dnipro hat zu einer zarten Protestwelle in Russland geführt. Nach Angaben des englischsprachigen Nachrichtenportals „Moscow Times“ wurden inzwischen in über 60 russischen Städten Blumen, Kuscheltiere und Kerzen an Denkmälern auch in Russland berühmter Ukrainer wie dem Nationaldichter  Taras Schewtschenko (1814-1861) niedergelegt.

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Dutzende Zivilisten starben beim russischen Angriff auf ein Wohnhaus in Dnipro 

Am 14. Januar war nach ukrainischen Angaben ein russischer Marschflugkörper in ein Wohnhochhaus in Dnipro eingeschlagen. Es stürzte teilweise ein, mindestens 46 Menschen starben. Noch immer werden Vermisste unter den Trümmern vermutet.

Blumen am Fuß des Taras Schewtschenko-Denkmals in St. Petersburg, teilweise in blaues und gelbes Papier gehüllt – die Farben der Ukraine.
Blumen am Fuß des Taras Schewtschenko-Denkmals in St. Petersburg, teilweise in blaues und gelbes Papier gehüllt – die Farben der Ukraine. Twitter/Marisha

Schon kurz danach tauchten Blumen vor dem Moskauer Denkmal für die ukrainische Dichterin Lessja Ukrajinka (1871-1913) auf, zusammen mit einem Foto des zerstörten Hauses. Die Polizei nahm Menschen fest, die dort mit Blumen erschienen. Russlandweit sollen es laut Moscow Times mindestens sieben sein. Eine Frau wurde danach zu zwölf Tagen Haft verurteilt, weil sie ein Schild „Die Ukraine ist nicht unser Feind“ hielt und dem Befehl der Polizei nicht folgte, das sein zu lassen.

Die Moscow Times, deren Zentralredaktion vor der Zensur in die armenische Hauptstadt Eriwan ausgewichen ist, berichtet nun, dass der „Blumen-Protest“ sich über ganz Russland ausgebreitet habe: Nach St. Petersburg, Archangelsk, Kasan, Nowosibirsk, Krasnodar, Wladikawkas, Wladiwostok oder Kursk. Eine Frau, die im westrussischen Pskow Blumen niederlegte, wird zitiert: „Ich fühle unglaubliche Scham für mein Land und die Unfähigkeit, irgendwie zu helfen – außer mit so einer kleinen Geste.“

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Ein Feuerwehrmann trägt eine Frau, die aus den Trümmern des Hauses in Dnipro gerettet worden war.
Ein Feuerwehrmann trägt eine Frau, die aus den Trümmern des Hauses in Dnipro gerettet worden war. Yevhenii Zavhorodnii/AP

Ukrainischer Verteidigungsminister soll versetzt werden

In der Ukraine tobt unterdessen der Krieg weiter, und in der Hauptstadt Kiew deutet sich ein Ministerwechsel an: Es gibt Spekulationen, dass Verteidigungsminister Olexij Resnikow durch den Chef des Militärgeheimdienstes Kyrylo Budanow ersetzt und dafür das Ministerium für strategische Industrie leiten soll. Resnikow steht wegen Korruption in seinem Ministerium unter Druck, sein Vize musste deshalb gehen.

Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich noch nicht geäußert, lenkte die Aufmerksamkeit auf den 24. Februar: Am Jahrestag des Kriegsbeginns könnte es eine „symbolhafte Aktion“ der Russen geben, um sich für die Niederlagen im Krieg zu rächen. Seit vielen Wochen rennen die Russen – Armee und „Wagner“-Söldner – in der Region Donezk bereits gegen die Stellungen der Ukrainer beispielsweise in Bachmut an.