Streit kaum zu bändigen

Austritte nach Parteitag: Linke wird zur Unfriedenspartei

Die Partei zerlegt sich über den Gaza-Krieg im Antisemitismus-Streit. Bekannte Mitglieder verlassen die Partei. Wie lange hält die Partei das noch aus?

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Der Bundesparteitag der Linken scheint die Gräben nicht geschlossen zu haben.
Der Bundesparteitag der Linken scheint die Gräben nicht geschlossen zu haben.Hendrik Schmidt/dpa

Eigentlich dachten viele Beobachter, dass mit dem Austritt von Sahra Wagenknecht und ihrer Anhänger aus der Partei Die Linke endlich Frieden dort einkehren würde. Doch weit gefehlt. In den vergangenen Wochen kochte der Streit über Antisemitismus und den Gaza-Krieg in der Linken erst richtig hoch. Einige bekannte Mitglieder sind bereits ausgetreten. Bekannte Köpfe wie die Berliner Bundestagsabgeordnete Petra Pau und Ex-Kultursenator Klaus Lederer haben deutlich ihren Unmut erklärt.

Und auch aus Sicht des Berliner Linke-Landesvorsitzenden Max Schirmer gibt es zum Streit über das Thema Antisemitismus noch dringenden Gesprächsbedarf. „Wir werden uns jetzt die Zeit nehmen, den letzten Landesparteitag im Landesvorstand, aber auch mit allen Bezirksvorsitzenden, der Abgeordnetenhausfraktion und den Bezirksstadträten aufzuarbeiten“, sagte Schirmer der Deutschen Presse-Agentur.

Heftiger Streit um Antisemitismus in Linkspartei auf Parteitagen

Am Freitag vorletzter Woche endete der Landesparteig mit einer heftigen Auseinandersetzung über einen Antrag zur Ablehnung von Antisemitismus in jeder Form, auch von links. Nachdem es keine Einigung darüber gab, verließen etliche Delegierte, darunter Klaus Lederer und die Petra Pau, die Versammlung.

Die Aussprache dazu soll am heutigen Dienstag bei einer Vorstandssitzung erfolgen. Wie der Tagesspiegel berichtete, gibt es einen Beschlussentwurf des geschäftsführenden Landesvorstands, in dem Kritik an den Delegierten geübt wird, die den Parteitag verlassen hatten. Schirmer wollte das im Detail nicht kommentieren: „Es gibt viele gute Ansätze, wie wir damit umgehen sollen, die werden wir gemeinsam miteinander diskutieren. Beschlussentwürfe sind allerdings vertraulich und nichts, was in die Öffentlichkeit gehört.“

Landtagsabgeordnete tritt nach Eklat aus

Auch beim Linke-Bundesparteitag in Halle am Wochenende war der Nahostkonflikt ein Thema. Die Delegierten versuchten dabei einen Kompromissantrag. „Wir haben beim Bundesparteitag ein starkes Zeichen gegen jeden Antisemitismus gesetzt“, sagte Schirmer, der in Halle zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt wurde.

„Und wir haben klargemacht, wo für uns eine Grenze erreicht ist, nämlich dort, wo das Existenzrecht Israels aberkannt wird oder Terror der Hamas verharmlost oder relativiert wird“, sagte Schirmer. „Auf der anderen Seite zeigen wir auch Empathie für die Menschen, die Angehörige im Nahen Osten verloren haben und sagen ganz klar: Das Töten und das Sterben dort muss aufhören und die Waffen müssen schweigen“, erklärte der Linke-Politiker.

Doch die Grenze sehen einige in der Partei nicht klar genug gemacht. Die Linke-Abgeordnete Henriette Quade aus Sachsen-Anhalt hat am Montag ihren Parteiaustritt erklärt und dies mit dem Umgang mit Antisemitismus auch in den eigenen Reihen begründet. Quade war 24 Jahre Mitglied der Linken und saß seit 2011 für die Partei als Abgeordnete im Landtag von Sachsen-Anhalt. Sie will nun weiter als fraktionslose Abgeordnete im Parlament bleiben.

Nicht der erste Austritt aus der Linken dieser Tage

Der Bundesparteitag der Linken am Wochenende habe gezeigt, „dass ein kompromissloser Kampf gegen jeden Antisemitismus in und mit dieser Partei mir nicht möglich ist“, schrieb Quade in ihrer am Montag im Kurzbotschaftendienst X veröffentlichten Austrittserklärung.

Bereits in der vergangenen Woche erklärte der frühere Landesvorsitzende Udo Wolf nach dem Parteitagsstreit seinen Austritt. Am Sonntag schloss sich der Ex-Bezirksbürgermeister von Pankow, Sören Benn an, beides langjährige Linke-Mitglieder. „Die Partei ist strategieunfähig. Sie ist kein Gestaltungsprojekt, sondern ein Identitätsprojekt“, kritisierte Benn. Und mit Blick auf die Nahost-Debatte: „Und dass Linke meinen, bei sich selbst Antisemitismus ausschließen zu können, ist absurd.“ ■