Beleidigt, bedroht, geschlagen – so sieht für viele Ärztinnen, Pfleger und medizinische Fachangestellte inzwischen der Arbeitsalltag aus. Laut einer aktuellen Yougov-Umfrage im Auftrag des Ärzteportals Doctolib haben 75 Prozent der Befragten im vergangenen Jahr mindestens einmal Gewalt oder heftige Konflikte erlebt. Und die Folgen gehen tief.
Angst, Wut, Erschöpfung – und bei vielen der Gedanke, dem Beruf ganz den Rücken zu kehren. Das ist die Stimmung beim medizinischen Personal in Deutschland. Am häufigsten schlagen die Patienten mit Worten zu.
Zwei Drittel der Befragten berichteten von Beleidigungen oder aggressivem Verhalten. 38 Prozent wurden bedroht, jede vierte Fachkraft sogar körperlich attackiert. Besonders hart trifft es Jüngere – sie zweifeln nach Übergriffen doppelt so oft an ihrer Berufswahl wie Kolleginnen und Kollegen über 55.
Der Frust über den fehlenden Respekt sitzt tief. Zwei Drittel der Befragten gaben zudem an, wütend über die zunehmende Aggression zu sein. Männer leiden laut Umfrage besonders unter Angst und Unsicherheit im Job und denken häufiger über einen Ausstieg nach.

Als Hauptursachen sehen viele Beschäftigte die steigende Ungeduld von Patienten: Fast die Hälfte macht Halbwissen und falsche Erwartungen verantwortlich, ähnlich viele nennen überlange Wartezeiten oder Terminprobleme. In Kliniken wird zudem die Überforderung der Patienten mit ihrer Krankheit als zentraler Auslöser genannt.
Bis zu 200.000 Behandlungsfehler jedes Jahr
Die Bundesregierung will nun handeln – mit einem Gesetz zum besseren Schutz von Gesundheitskräften. Doch die Branche fordert mehr: Sicherheitsdienste in Praxen und Kliniken, Aufklärung über respektvolles Verhalten und psychologische Hilfe nach Gewalterlebnissen.

Dass Menschen möglicherweise auch austicken, weil sie sich schlecht behandelt fühlen, spielt in der Umfrage allerdings keine Rolle –, was erstaunlich ist bei dem wirtschaftlichen Druck, unter dem das Gesundheitssystem in Deutschland mittlerweile steht.