Würselen in NRW

Serienkiller in Klinik: Pfleger soll 9 Patienten totgespritzt haben

Ein ehemaliger Pfleger einer Klinik in Würselen ist wegen 9-fachen Mordes und 34-fachen versuchten Mordes angeklagt. Sein Motiv ist unfassbar.

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Der wegen 9-fachen Mordes angeklagte Krankenpfleger hält sich im Gerichtssaal in Aachen einen Aktenordner vor das Gesicht. Seine Hände wurden aus rechtlichen Gründen gepixelt.
Der wegen 9-fachen Mordes angeklagte Krankenpfleger hält sich im Gerichtssaal in Aachen einen Aktenordner vor das Gesicht. Seine Hände wurden aus rechtlichen Gründen gepixelt.Oliver Berg/dpa

Die Vorwürfe gegen den früheren Pfleger sind unfassbar! Der 44-Jährige soll mehrere Patienten in einer Klinik in Würselen ermordet haben, weil er bei seinen Nachtschichten Ruhe haben wollte. Er soll seinen Opfern Überdosen von Schmerz- oder Beruhigungsmitteln gespritzt haben. Insgesamt werden ihm  9 Morde und 34 Mordversuche vorgeworfen. Ab heute (24. März) steht er in Aachen vor Gericht.

Tatort der Mord-Serie war die Palliativstation des Rhein-Maas-Klinikums in Würselen bei Aachen. Zwischen Ende Dezember 2023 und Mai 2024 soll der Angeklagte insgesamt 26 Patienten stark sedierende Medikamente injiziert haben, teils in Kombination mit Schmerzmitteln und in einigen Fällen auch mehrfach. Neun der Patienten seien dadurch gestorben, so die Anklage.

Als Motiv nimmt die Staatsanwaltschaft an, dass der 44-jährige Deutsche die Patienten ruhig stellen wollte, um während seiner Nachtdienste möglichst wenig Arbeit zu haben. Deshalb geht die Anklage von Mord aus niedrigen Beweggründen aus, wie eine Sprecherin des Landgerichts sagte.

Der Pfleger wollte bei der Nachtschicht seine Ruhe

Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus Ermittlungsakten berichtet, die die Zeitung einsehen konnte, soll der 44-jährige Krankenpfleger in einem abgehörten Telefonat mit seinem Bruder bekundet haben, dass ihm das Schicksal der Patienten gleich sei. In seiner Vernehmung am 26. Juni 2024 soll er sich demnach als Bauernopfer gegeben haben. Für seine Arbeit hätte er ein Bundesverdienstkreuz verdient. Es soll laut Bericht zugegeben haben, die Spritzen selbst verabreicht zu haben, und zwar ohne die nötige ärztliche Anordnung.

Die Rhein-Maas-Kliniken hatten den Pfleger am 18. Mai 2024 freigestellt, nachdem ein überhöhter Midazolam-Verbrauch gemeldet worden war. Das Beruhigungsmittel wird auch bei Narkosen eingesetzt. Die Ermittlungen waren durch einen Hinweis der Klinik ins Rollen gekommen.  Der Pfleger habe die mutmaßlichen Taten „nur unter absichtlicher Missachtung der Dokumentationspflichten und entgegen klarer dienstlicher Anweisungen begehen“ können, teilte der Anwalt des Rhein-Maas-Klinikums Würselen auf Anfrage mit.

Noch mehr Mordfälle? Es wird wohl weitere Exhumierungen geben

Im Juli 2024 wurde gegen den Verdächtigen Haftbefehl erlassen. Im Laufe der Ermittlungen habe es bisher insgesamt fünf Exhumierungen gegeben, um Tote zu obduzieren, sagte eine Sprecherin der Aachener Staatsanwaltschaft. Voraussichtlich würden noch mehr Gräber geöffnet.

Denn die Ermittlungen sind trotz des anstehenden Prozesses noch nicht abgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft nimmt nun die früheren Berufsjahre des Angeklagten unter die Lupe. „Wir werden uns Jahr für Jahr vornehmen und schauen, ob es weitere Fälle, auch an anderen Orten, gibt“, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Möglicherweise könnte das Ganze also noch größere Dimensionen annehmen.

Unter anderem hatte der Mann bis 2020 in den städtischen Kliniken Köln gearbeitet, wie eine Kliniksprecherin auf Anfrage bestätigte. „Wir haben Ende des vergangenen Jahres von den schwerwiegenden Vorwürfen Kenntnis erlangt, als die Ermittlungsbehörden erstmalig auf die Kliniken Köln zugekommen sind.“ Das Unternehmen unterstütze die Ermittlungen seitdem „mit ganzer Kraft“.

Killer in Kliniken – aktuell auch ein Fall in Berlin

Immer wieder sorgen ähnliche Fälle in Deutschland für Schlagzeilen. So sitzt seit August ein Palliativmediziner aus Berlin in Untersuchungshaft, der mindestens zehn Patienten getötet haben soll – nach Ansicht der Berliner Staatsanwaltschaft aus „Mordlust“.

Die bislang wohl größte Mordserie der deutschen Nachkriegsgeschichte dürfte der Fall von Ex-Pfleger Niels Högel in Niedersachsen sein. Das Landgericht Oldenburg verurteilte ihn 2019 wegen 85 Morden zu lebenslanger Haft. Sein Motiv für die Taten blieb unklar.

Für den Prozess gegen den 44-jährigen ehemaligen Pfleger von Würselen hat das Landgericht Aachen bislang 14 Termine bis Anfang Juni angesetzt. ■