Windel-Bestellungen

Kinder nach Jahren aus Horror-Haus befreit: Supermarkt ließ Eltern auffliegen

In Spanien wurden deutsche Brüder (8,8 und 10 Jahre alt) Jahre lang von ihren Eltern eingesperrt. Der Supermarkt brachte Ermittlern die entscheidenden Hinweise.

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In Spanien wurden aus einem Horror-Haus drei deutsche Kinder befreit. Die Jungen waren seit Jahren nicht draußen.
In Spanien wurden aus einem Horror-Haus drei deutsche Kinder befreit. Die Jungen waren seit Jahren nicht draußen.Polizei

Es ist eine Geschichte, die das Blut in den Adern gefrieren lässt: Drei deutsche Kinder, die fast vier Jahre lang unter erschreckenden Bedingungen in einem abgelegenen Haus in Nordspanien eingesperrt waren, sind endlich befreit worden. Als in fast ganz Spanien der Strom ausfiel, öffnete sich für die Kinder in der Stadt Oviedo eine Tür zum Leben. Was sich hinter den Türen des Hauses verbarg, in dem ihre eigenen Eltern sie jahrelang einsperrten, ist hingegen kaum zu fassen.

„Die Kinder waren in einem schrecklichen Zustand“, berichtet ein Polizist der spanischen Zeitung El Mundo. Tatsächlich offenbarte sich ein Albtraum: Das Messi-Haus, in dem die drei Geschwister lebten, war vollgestopft mit Medikamenten, überwiegend gegen ADHS.

Die Arzneien, die offenbar über das Internet bestellt wurden, waren nicht das einzige Detail, das den Ermittlern den Atem stocken ließ. Die Eltern – ein 53-jähriger Deutscher und seine 48-jährige deutsch-amerikanische Partnerin – hatten ihre Kinder laut Polizei seit Oktober 2021 vollständig von der Außenwelt isoliert. Doch wie kam es zu dieser grausamen Situation? Und wie kamen die Ermittler den Horror-Eltern auf die Spur?

In diesem Horror-Haus hielten deutsche Eltern ihre drei Kinder in Spanien jahrelang gefangen.
In diesem Horror-Haus hielten deutsche Eltern ihre drei Kinder in Spanien jahrelang gefangen.Pablo LORENZANA / AFP

Ermittler wurde von Nachbarin auf eingesperrte Kinder aufmerksam gemacht

Alles begann am 14. April, als eine aufmerksame Nachbarin die Polizei alarmierte. Sie hatte die Kinder nie zur Schule gehen sehen, hörte nur ihre Stimmen und sah sie, wenn sie am Fenster standen – doch sie verließen nie das Haus.

Das Haus wurde überwacht. Ein Stadtangestellter erklärt: „Es gab keine Bewegung. Die Jalousien waren immer unten. Der Mann war der einzige im Haus, aber wir sahen ihn nie das Grundstück verlassen. Nur, um Lebensmittel vom Supermarkt abzuholen.“

In diesen Babybetten schliefen die 8-jährigen Zwillinge, die in Spanien aus einem Horror-Haus befreit wurden.
In diesen Babybetten schliefen die 8-jährigen Zwillinge, die in Spanien aus einem Horror-Haus befreit wurden.Polizei

Ein Supermarkt brachte die Polizei auf die Spur. Die Beamten nahmen Kontakt mit dem Geschäft auf, das regelmäßig in das abgelegene Haus lieferte. Bei den Einkäufen fiel auf, dass die Bestellungen zu groß für eine Person waren und auch Hygieneartikel für Frauen sowie Windeln für Kinder beinhalteten.

Während des landesweiten Stromausfalls am Montag griff die Polizei dann zu. Der Vater, der ein Doktor der Philosophie aus Hamburg sein soll, ließ die Einsatzkräfte ins Haus. Unter der Voraussetzung, dass die Polizisten Masken tragen. Auch den Kindern soll er je drei Masken übereinander aufgezogen haben. Offenbar eine absurde Maßnahme der Eltern, die Angst vor dem Coronavirus hatten.

Die Entdeckung, die die Beamten machten, ließ selbst erfahrene Ermittler erschüttert zurück. Das Haus war ein wahres Chaos. Zwischen Müllbergen und dem beißenden Gestank fanden die Polizisten die Kinder, die noch immer Windeln trugen, in ihren Betten – umgeben von aufgemalten Monstern und Puppen.

Eingesperrte Kinder in Spanien hatten jahrelang kein Kontakt nach Außen

„Als sie das erste Mal das Gras berührten, wirkte es, als hätten sie es noch nie zuvor gesehen“, berichtete ein Ermittler. Es war offensichtlich, dass die drei Jungen – acht Jahre alte Zwillinge und ihr zehnjähriger Bruder – seit Jahren keinen Kontakt zur Außenwelt hatten. Ihre Koordinationsprobleme und das euphorische Verhalten beim ersten Sonnenstrahl bestätigten, was niemand für möglich gehalten hätte: Die Kinder waren jahrelang wie Gefangene gehalten worden.

Völlig verwahrlost lebte die Familie, die ihre eigenen Kinder fast vier Jahre in einem Haus in Spanien eingesperrt hatte.
Völlig verwahrlost lebte die Familie, die ihre eigenen Kinder fast vier Jahre in einem Haus in Spanien eingesperrt hatte.Polizei

Der Verdacht, dass Corona als Auslöser für die Isolation diente, erhärtet sich. Experten gehen davon aus, dass die Eltern sich seit der Pandemie immer weiter verschanzten – gegen alle Lockerungen der Corona-Maßnahmen, die Spanien bereits im Frühjahr 2022 wieder eingeführt hatte. Medienberichten zufolge weigerte sich das Paar, das Haus zu verlassen und ließ alles, was sie brauchten, liefern. Sogar ihre Katze, die unter gesundheitlichen Problemen litt, wurde angeblich nicht zum Tierarzt gebracht.

„Wir alle haben die Corona-Zeit und alles, was darauf folgte, miterlebt. Man kann nur spekulieren, was eine Familie dazu gebracht haben mag, sich so lange einzusperren“, sagt Polizeikommissar Francisco Javier Lozano García. Die Eltern wurden inzwischen festgenommen und sitzen in Untersuchungshaft. Die Kinder, die sich zunächst in medizinischer Obhut befanden, wurden nach der Befreiung in eine Kinderschutzeinrichtung gebracht.