Anschlag auf Stadtfest

Messer-Terror in Solingen: Drei Tote +++ So alt waren die Opfer +++ DAS ist über den Täter bekannt

Am Abend kam es in der Stadt in NRW zu der Horror-Tat. Bei einem Stadtfest kam es zu einem blutigen Anschlag.

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Nach einer blutigen Messer-Attacke beim Stadtfest in Solingen löste die Polizei Großalarm aus.
Nach einer blutigen Messer-Attacke beim Stadtfest in Solingen löste die Polizei Großalarm aus.Gianni Gattus/dpa

Terror in Solingen: Auf einem Stadtfest in der Stadt in Nordrhein-Westfalen ereignete sich am Freitagabend eine Horror-Tat. Gegen 21.40 Uhr hat ein Mann mit einem Messer auf Passanten eingestochen, dabei drei Menschen getötet und insgesamt acht verletzt, fünf davon schwer. Zeugenaussagen zufolge habe er das Messer aus dem Nichts gezogen, schildert die Polizei. Zunächst war von einer Amoklage die Rede. Wegen seines zielgerichteten Vorgehens – er habe gezielt auf den Hals der Opfer eingestochen – müsse man laut Polizei von einem Anschlag ausgehen. 

Nach der Tat konnte der Täter im Tumult und in der sich ausbreitenden Panik flüchten. Die Fahndung nach dem Täter läuft, auch Stunden später können die Sicherheitsbehörden noch keine gesicherten Angaben zu seinem Aufenthaltsort oder Aussehen machen. Zu Medienberichten, der Angreifer habe Arabisch gesprochen, wollte sich eine Polizeisprecherin nicht äußern. Die Polizei habe Großalarm ausgerufen.

Laut BILD-Zeitung gab es am frühen Sonnabendmorgen eine Festnahme. Danach habe eine Zeugin den mutmaßlichen Täter bei dem Angriff erkannt, weil sie den einen jungen Mann als Verdächtigen von einer anderen Straftat kannte. Er wurde vom SEK in der Wohnung seiner Eltern überwältigt, nachdem die Einsatzkräfte laut Berichten die Tür sprengten. Er wurde von der Polizei befragt. Laut Angaben der dpa soll es sich bei dem Mann allerdings nicht um den Täter handeln. Die Beschreibung des Täters durch Zeugen vor Ort stimme danach nicht mit dem Festgenommenen überein. Der Mann sei jedoch weiter in Gewahrsam.

Ermittler informierten bei einer Pressekonferenz über weitere Details

Bei einer Pressekonferenz informierten die Ermittler am Nachmittag über weitere Details. Bei den Todesopfern handelt es sich demnach um einen 67-Jährigen, einen 56-Jährigen und eine 56 Jahre alte Frau. Bei dem Festgenommenen soll es sich um einen 15-Jährigen handeln, der mutmaßlich Kontakt mit dem Täter hatte. Zwei Frauen hätten angegeben, vor der Tat ein Gespräch der beiden Männer verfolgt zu haben. Dem Jugendlichen wird deshalb vorgeworfen, die geplante Straftat nicht bei der Polizei angezeigt zu haben.

Menschen legten am Tatort bereits Blumen und Kerzen nieder.
Menschen legten am Tatort bereits Blumen und Kerzen nieder.Roberto Pfeil/AFP

Zum Täter selbst gebe es unterschiedliche Beschreibungen, genauere Details gibt die Polizei aktuell nicht bekannt. „Nichts wäre schädlicher, als eine Beschreibung herauszugeben, die Bevölkerung zur Mitfahndung aufzurufen und im Zuge der Ermittlungen stellt sich heraus, dass die Person letztendlich doch ein ganz anderes Erscheinungsbild hat“, sagte der Polizeisprecher. Es gebe auch Aufnahmen von der Tat, die jetzt ausgewertet würden. 

Täter stach wahllos auf Passanten ein – Solingen unter Schock

Die Attacke ereignete sich auf der 650-Jahr-Feier der Stadt. Beim „Festival der Vielfalt“ wurden für die drei Tage des Wochenendes insgesamt 80.000 Besucher erwartet. Doch am Abend verwandelte sich das Fest in ein Horror-Szenario! Beamte standen mit Waffen am Einsatzort und sicherten diesen. Es gab Absperrungen in der ganzen Stadt. Sichtschutzwände wurden aufgebaut. Aus ganz Nordrhein-Westfalen seien schwer bewaffnete Einheiten des SEK nach Solingen gekommen, hieß es in Berichten. Die Einwohner wurden außerdem aufgerufen, in ihren Häusern zu bleiben und die Innenstadt von Solingen zu meiden. 

Dem Aufruf scheinen die meisten zu folgen: Stunden nach dem Blutvergießen ist das Stadtzentrum fast menschenleer. Außer dem Knattern eines Hubschraubers, der lange am Himmel kreist, herrscht Stille. Die Stimmung ist gespenstisch.

Solingen: Nach der Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest stehen am Samstagmorgen Zelte von Polizei und Feuerwehr am Tatort vor der Bühne auf dem Fronhof in der Solinger Innenstadt. 
Solingen: Nach der Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest stehen am Samstagmorgen Zelte von Polizei und Feuerwehr am Tatort vor der Bühne auf dem Fronhof in der Solinger Innenstadt. Christoph Reichwein/dpa

Die Polizei hat den Tatort weiträumig abgesperrt. Eine Kette aus Beamten sichert die Zugangswege zu der Straße, in der drei Menschen ihr Leben verloren. Vor allem Journalisten harren weiter aus, um das Geschehen zu begleiten. Zwischendurch lassen die Sicherheitskräfte immer wieder Einsatzfahrzeuge von Polizei, Feuerwehr und Spurensicherung passieren.

Tatort war der Fronhof – ein Marktplatz in der Innenstadt von Solingen. Dort steht eine Bühne für Livemusik. Wie genau die Bluttat ablief, ist momentan unklar. Ein Augenzeuge berichtete gegenüber dem „Solinger Tagblatt“, dass er sich vor der Bühne auf dem Festgelände aufhielt, als sich der Gesichtsausdruck einer Sängerin plötzlich veränderte. „Und dann ist nur einen Meter neben mir ein Mensch umgefallen“, sagt er. Zunächst habe er geglaubt, es handelt sich um einen Betrunkenen, doch als er sich umdrehte, sah er weitere Menschen auf dem Boden liegen, außerdem viel Blut. Eine Reporterin berichtet von „gespenstischer Stille“ nach der Tat.

Täter von Solingen weiter auf der Flucht

Der Täter war am frühen Samstagmorgen weiter auf der Flucht. „Wir haben derzeit keinen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort“, sagte ein Polizeisprecher. Zum Aussehen des Flüchtigen gebe es keine gesicherten Informationen.

„Ich glaube, das ist unser Riesenproblem. Wir haben noch nicht so viele Angaben zum Täter“, erklärte Alexander Kresta, Sprecher der Polizei Wuppertal. Zeugen, die in unmittelbarer Nähe zum Geschehen waren, stünden unter Schock. „Die werden von uns im Augenblick professionell betreut und wir vernehmen diese natürlich, um da jetzt genauere Angaben zu bekommen.“

Allerdings könnten die Ermittler derzeit davon ausgehen, dass es sich um einen einzelnen Täter handelt, sagte Kresta weiter. Alle Zeugenaussagen, die die Polizei bislang aufnehmen konnte, wiesen darauf hin. „Von weiteren Personen ist uns nichts bekannt.“

Die Fahndung nach dem Messerstecher läuft. Ein Polizeisprecher riet: Wer Verdächtiges beobachte, solle nicht eigeninitiativ handeln, sondern den Notruf 110 wählen.

Die Polizei schaltete ein Hinweisportal frei, über das Zeugen des Geschehens Handyfotos und Videos hochladen können (www.nrw.hinweisportal.de). Die Stadt Solingen wiederum richtete für Bürger eine Hotline für Fragen nach Vermissten ein (0212 - 290-2000). Bei der Polizei hätten sich Anfragen besorgter Angehöriger gehäuft, hieß es.

Schwerbewaffnete Polizisten sicherten nach dem Anschlag die Innenstadt in Solingen.
Schwerbewaffnete Polizisten sicherten nach dem Anschlag die Innenstadt in Solingen.Gianni Gattus/dpa

Anschlag in Solingen – Politiker zeigen sich entsetzt

Oberbürgermeister Tim Kurzbach zeigte sich entsetzt. „Heute Abend sind wir alle in Solingen in Schock, Entsetzen und großer Trauer. Wir wollten alle gemeinsam unser Stadtjubiläum feiern und haben nun Tote und Verletzte zu beklagen“, schrieb er in einem Statement auf Facebook. „Es zerreißt mir das Herz, dass es zu einem Attentat auf unsere Stadt kam. Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich an diejenigen denke, die wir verloren haben. Ich bete für alle, die noch um ihr Leben kämpfen.“

Nach der Amok-Tat in Solingen läuft ein Großeinsatz der Rettungskräfte.
Nach der Amok-Tat in Solingen läuft ein Großeinsatz der Rettungskräfte.Gianni Gattus/dpa

Alle Menschen, die die Horror-Tat miterleben mussten, hätten sein großes Mitgefühl. „Es müssen schreckliche Bilder gewesen sein. Ich danke allen Rettungs- und Sicherheitskräften für ihren Einsatz. Ich bitte Sie, wenn Sie glauben, beten Sie mit mir und wenn nicht, dann hoffen Sie mit mir.“ Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach schrieb auf der Plattform X: „Hoffentlich gelingt es den Rettungskräften, die noch lebenden Verletzten zu retten und der Polizei, den feigen und erbärmlichen Täter auf der Flucht zu fassen.“

Um kurz vor ein Uhr in der Nacht traf der Innenminister von Nordrhein-Westfalen Reul in Solingen ein, wurde von Beamten an den Tatort geführt. Knapp 15 Minuten lang verschaffte er sich einen Eindruck, bevor er vor die zahlreichen wartenden Journalisten und Kameras tritt. Vor Spekulationen über den Täter könne er nur warnen, sagt Reul. „Man kann noch nichts sagen zur Person und zum Motiv.“ Es gebe dafür einfach keine belastbaren Fakten. Der Mann sei sehr wahrscheinlich als Einzeltäter unterwegs gewesen. Bei den Toten handele es sich um eine Frau und zwei Männer.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich betroffen über den tödlichen Messerangriff in Solingen geäußert. „Der Anschlag in Solingen ist ein schreckliches Ereignis, das mich sehr bestürzt“, erklärte der SPD-Politiker auf der Plattform X. Ein Attentäter habe mehrere Menschen brutal getötet, schrieb er nach einem Telefonat mit Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach. „Wir trauern um die Opfer und stehen an der Seite der Angehörigen. Den Verletzten wünsche ich eine schnelle Genesung“, erklärte der Kanzler und ergänzte: „Der Täter muss rasch gefasst und mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft werden.“

FDP-Chef Christian Lindner hat nach dem Anschlag in Solingen mit drei Todesopfern „kühle Konsequenz von Polizei und Rechtsstaat“ eingefordert. „Wir sind nicht machtlos“, schrieb der Bundesfinanzminister am Samstag im Kurznachrichtendienst X. „In die Trauer um die Opfer des Anschlags in Solingen mischen sich schnell Gefühle von Ohnmacht und Wut. Auch bei mir. Aber das dürfen wir nicht zulassen.“

Solingen sollte über das Wochenende zur großen Festmeile werden

Aus Anlass des 650. Geburtstags der Stadt Solingen hatte am Freitag ein „Festival der Vielfalt“ begonnen. Es sollte bis Sonntag dauern. In der Ankündigung heißt es: „Solingen Mitte wird dabei zur großen Festmeile: Vom Neumarkt über den Fronhof bis zum Mühlenplatz wird gefeiert.“ In den Straßen erwarte die Besucher ein Programm mit Musik, Kabarett, Akrobatik, Kunsthandwerk, Unterhaltung für Kinder und vielem mehr.

Rund um den Festbereich in Solingen waren etliche Rettungskräfte im Einsatz.
Rund um den Festbereich in Solingen waren etliche Rettungskräfte im Einsatz.Thomas Banneyer/dpa

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte angesichts der Zunahme von Messerangriffen erst vor Kurzem eine Verschärfung des Waffenrechts angekündigt. In der Öffentlichkeit sollen Messer demnach nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden dürfen. Für gefährliche Springmesser soll es ein generelles Umgangsverbot geben. ■