An Kinderlähmung erkrankt

Paul Alexander: Der letzte Mann, der in einer Eisernen Lunge lebte, ist tot

Kaum eine Krankheit wurde von Eltern so gefürchtet wie Polio. Wer an Kinderlähmung erkrankte, dem blieb lange nur ein überlebensgroßes Beatmungsgerät.

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Paul Alexander: Der wohl letzte Mensch, der in einer Eisernen Lunge lebte, ist tot.
Paul Alexander: Der wohl letzte Mensch, der in einer Eisernen Lunge lebte, ist tot.(Smiley N. Pool/The Dallas Morning News/AP

Kaum eine Krankheit wurde von Eltern so gefürchtet wie Polio. Wer an Kinderlähmung erkrankte, dem blieb lange nur ein überlebensgroßes Beatmungsgerät. Paul Alexander lebte bis zuletzt damit und darin. Nun ist er tot.

Mehr als 70 Jahre lebte er in einer Eisernen Lunge - nun ist der US-Bürger Paul Alexander tot. Sein Bruder sei im Alter von 78 Jahren gestorben, teilte am Mittwoch Philip Alexander auf Facebook mit. „Mit schwerem Herzen muss ich mitteilen, dass mein Bruder in der vergangenen Nacht gestorben ist.“ Laut einem Eintrag auf dem Tiktok-Kanal von Paul Alexander war dieser in die Intensivstation gebracht worden, nachdem er sich mit dem Coronavirus infiziert hatte.

Paul Alexander aus Dallas im US-Bundesstaat Texas war im Alter von sechs Jahren an Kinderlähmung erkrankt. Er war seitdem vom Nacken abwärts gelähmt und auf die sogenannte Eiserne Lunge - ein maschinelles Atemgerät - angewiesen. Dabei liegt der Patient mit Ausnahme des Kopfes komplett in einem am Hals abgeschlossenen Hohlzylinder, mit Hilfe von unterschiedlichem Druck wird Luft in und aus den Lungen gepresst.

Paul Alexander in seinem Stahlsarg mit seiner Pflegerin Kathryn Gaines.
Paul Alexander in seinem Stahlsarg mit seiner Pflegerin Kathryn Gaines.Smiley N. Pool/The Dallas Morning News via AP

In dieser Art U-Boot-Zylinder verbrachte Paul Alexander mehr als 70 Jahre. Dessen ungeachtet bewältigte er ein Studium, machte einen Jura-Abschluss und arbeitete in diesem Bereich. Zudem schrieb er ein Buch.

Paul Alexander verbrachte mehr als 70 Jahre in der Eisernen Lunge

Der Verstorbene war laut dem Guinness-Buch der Rekorde der Mensch, der am längsten in einer Eisernen Lunge lebte. Er konnte das Gerät demnach zeitweise verlassen, nachdem er eine spezielle Atemtechnik erlernt hatte. Schließlich kehrte er nur noch zum Schlafen in seine eiserne Lunge zurück.

Mit Erfindung der Impfung gegen Kinderlähmung in den 1950er Jahren wurde die Krankheit zurückgedrängt und die Eiserne Lunge auch durch die Erfindung anderer Beatmungsgeräte überflüssig. Berichten zufolge gibt es weltweit nur noch einen Menschen in einem solchen Gerät: die 75-jährige Martha Lillard im US-Bundesstaat Oklahoma.

Die eiserne Lunge war das erste Gerät, mit dem eine künstliche, längerfristige maschinelle Beatmung des Menschen möglich wurde. Laut der Universität Greifswald kam sie erstmals 1928 am Children's Hospital in Boston zum Einsatz. Gedacht war sie ursprünglich zur Behandlung von Opfern von Stromschlägen und Gasvergiftungen.

Die Betroffenen mussten oft Monate, Jahre oder gar lebenslang in diesem „Stahlsarg“ verbleiben. Sie konnten darin durch den periodischen Wechsel von Über- und Unterdruck und die so bewegte Brustwand gewissermaßen passiv atmen. Abgedichtet durch eine Halsmanschette schaute nur der Kopf aus dem Gerät heraus. ■