Ganz Deutschland redete vor Tagen über das Skandal-Video von Sylt, doch der Clip, der die Gemüter erhitzte, ist nur die Spitze des Eisberges: In den vergangenen Tagen tauchten immer neue Fälle, auf, bei denen zu dem 20 Jahre alten Party-Hit rassistische Parolen gegrölt wurden. Die ersten Veranstalter von Volksfesten ziehen nun Konsequenzen. Für Wirbel sorgt etwa der Chef des berühmten Münchner Oktoberfest. Er stellt nun noch einmal klar: Wer auf der Wiesn „L’Amour toujours“ spielt, fliegt raus!
Party-Hit „L'Amour toujours“ soll auf dem Oktoberfest verboten werden
Schon am Montag hatte Clemens Baumgärtner, der Chef des Oktoberfest, verkündet, dass der Partyhit von Gigi D’Agostino keinen Platz auf dem Volksfest haben wird. Um zu vermeiden, dass es dazu rassistische Entgleisungen wie in der Nobel-Bar „Pony“ auf der Insel Sylt gibt, dürfe das Lied auf der Wiesn nicht gespielt werden. Nun legt Baumgärtner noch einmal nach. Wer dieses Lied spiele - sei es eine Musikkapelle oder der Betreiber eines Autoscooters -, verstoße gegen die Betriebsvorschriften und müsse mit Konsequenzen rechnen.
Und was bedeutet das? Laut einem Bericht von EPD könnten Konsequenzen unter anderem der Ausschluss vom Fest sein – und bei entsprechendem Fehlverhalten wäre sogar möglich, dass eine erneute Bewerbung beim Oktoberfest verwehrt wird. Ein herber Schlag für jeden Schausteller, schließlich handelt es sich beim Oktoberfest um das größte Volksfest der Welt. Ob die Drohung hilft, dass das Lied auf der Wiesn wirklich nicht gespielt wird? Baumgärtner steht hinter seiner Entscheidung. „Ich bin eigentlich für ‚leben und leben lassen‘, aber das finde ich nicht lustig.“

Die Ereignisse der vergangenen Tage zeigen außerdem: Die rechte Entgleisung der Partygäste auf Sylt war kein Einzelfall – das grölen rechter Parolen scheint sich nun zu einem regelrechten Party-Hit entwickelt zu haben. Bereits am 1. Mai sollen bisher unbekannte Personen beispielsweise auf einem „Maiwagen“ in Nagold „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ gegrölt haben. Die Polizei Tübingen ermittelt wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Auch vor einer Schule in Ottendorf im Landkreis Cuxhafen gab es einen neuen Fall: Am Dienstag sangen Jugendliche hier rassistische Texte zum Lied „L’Amour toujours“. Den Vorfall auf dem zentralen Omnibusbahnhof der Schule hätten Schülerinnen und Schüler des Zentrums am Mittag gemeldet.
Mit Hitlerbärtchen und Schampus, aber ohne „Ausländer“. #Sylt. 2024.
— Dunja Hayali (@dunjahayali) May 23, 2024
Gesehen bei @derklepto.
Am Tag, an dem wir das Grundgesetz feiern… pic.twitter.com/9PrgREiGUc
Auch während einer Veranstaltung in Cunersdorf, einem Ortsteil von Annaberg-Buchholz, seien in der Nacht zu Sonntag fremdenfeindliche Parolen gesungen worden. Und: Bei einer Schülerparty im Internat Louisenlund sangen acht Teilnehmer die gleichen Parolen auf den Party-Hit von Gigi D’Agostino. Daraufhin hätten eine Pädagogin des Internats die Musik abgestellt und die Feiernden ins Bett geschickt. „Allen Schülerinnen und Schülern muss klar sein, dass es kein Scherz ist, solche Parolen zu singen“, sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Jugendlicher Überschwang oder auch Alkohol seien keine Rechtfertigung für rassistische Gesänge.
Claudia Roth ist gegen das Verbot des Party-Hits auf Volksfesten
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sprach sich derweil gegen ein Verbot des Party-Hits aus, wie es etwa auf dem Oktoberfest durchgeführt werden soll. Es sei richtig und wichtig, dass Veranstalter jetzt darüber nachdächten, wie sie Rassismus, Menschenfeindlichkeit und Nazi-Gegröle bei Festen verhindern könnten. Allerdings könnten weder der Song „L’amour toujours“ noch der italienische Musikproduzent Gigi d’Agostino etwas dafür, „wie dieser Song in unserem Land von Menschen mit rechtsextremen und antidemokratischen Einstellungen in übelster Form missbraucht und entstellt wird“.
Auf dem Oktoberfest will man trotzdem versuchen, das Lied zu verbannen. Was aber, wenn Menschen vom sich aus im Festzeit solche Parolen grölen? Dann müsse ein anderes Musikstück darübergelegt werden, außerdem sollen die entsprechenden Gäste des Festzeltes verwiesen werden. Aber: Baumgärtner hofft, dass es dazu gar nicht erst kommen muss. Wenn schon Monate vor dem Oktoberfest geklärt sei, dass das Fest keinen Nährboden für Rechtsextremisten biete, blieben „solche Typen hoffentlich weg“, sagte der Chef des Volksfestes. ■