Es ist ein unfassbarer Schlag gegen die Kinderpornografie – und zugleich einer der schlimmsten Fälle, die Deutschland in dem Bereich erlebt hat: Am Mittwoch sprengten Ermittler unter der Leitung des Landeskriminalamtes von Bayern die Darknet-Seite „Kidflix“, eine Video-Plattform für Kinderpornos. 91.000 Videos, in denen Kinder vergewaltigt und missbraucht werden, sollen auf der Seite zu sehen gewesen sein, 1,8 Millionen Menschen nutzten das Portal regelmäßig. Und das mit einem widerwärtigen Abo-Modell: Wir erklären, wir das Netflix für Kinderpornos funktionierte.
Kinderporno-Seite „Kidflix“ gesprengt: So funktionierte das perverse Abo-Modell
Rund 1.400 Verdächtige, die die Plattform nutzten, konnten laut Berichten bislang identifiziert werden, 79 Menschen wurden insgesamt festgenommen. Das teilte das bayerische Landeskriminalamt, unter dessen Federführung die Ermittlungen stattfanden, jetzt mit. Besonders schockierend: Während Kinderpornos in der Vergangenheit vor allem über Tauschbörsen verbreitet wurden, bauten die Gründer von „Kidflix“ offenbar eine Streaming-Plattform auf, die an das Portal Netflix erinnert. Laut Berichten soll sie auch so funktioniert haben: Die Nutzer konnten hier verschiedene Abo-Modelle abschließen.
Die Nutzer mussten sich laut einem Bericht der „Bild“ mit ihrem Nutzernamen und Passwort registrieren, konnten sich sogar Aufnahmen gratis ansehen – über diese wurde dann allerdings ein Wasserzeichen gelegt. Doch damit nicht genug: „Die Betreiber wollten Geld verdienen. Dafür haben sie verschiedene Abo-Modelle zur Verfügung gestellt“, sagt Thomas Goger von der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg. Für sechs Dollar konnten sich Abonnenten bei „Kidflix“ beispielsweise einen Zugang für sechs Tage kaufen. Ein Monat kostete 15 Dollar, drei Monate 30 Dollar. Ein halbes Jahr Zugang war für 50 Dollar zu haben, ein Jahr für 90.

Wer länger dabei blieb, zahlte also weniger. Besonders krass: Für nur 180 Dollar konnten sich die Nutzer einen „Lifetime Premium“-Zugang kaufen, der ihnen lebenslang Zugriff zu den rund 91.000 Videos verschaffte, in denen Kinder missbraucht werden. Noch dazu konnten die Nutzer die Videos nach Interessen filtern, wie es auch auf frei zugänglichen Pornoseiten im Netz ist. Nur: Neben Sexualpraktiken konnten die Kunden laut „Bild“ auch nach dem Alter der Kinder filtern. Es ist nur schwer zu ertragen: Die Videos wurden offenbar in Altersgruppen von 1 bis 3 Jahren, 4 bis 10 Jahren, 11 bis 15 Jahren und 15 Jahre und älter eingeteilt.
Ausmaß der Kinderporno-Seite „Kidflix“ schockt selbst erfahrene Ermittler
Ein extremes Geschäftsmodell, das selbst die Ermittler schockt. „Bisher war es so, dass neue Nutzer eigene Missbrauchsvideos auf Kinderporno-Seiten hochladen mussten – also eine Art Tauschbörse“, sagte Goger der „Bild“. Bezahlt worden sei auf der Plattform mit Kryptowährungen. Zwischen dem 10. Und dem 23. März gab es nun Durchsuchungen auf vier Kontinenten, 79 Menschen wurden bisher festgenommen. Allein in Deutschland wird gegen 103 Verdächtige ermittelt, fünf Deutsche sind bereits in U-Haft.

Betreiber von „Kidflix“ wurden noch nicht identifiziert, Ermittlungen laufen
Die Betreiber der Seite konnten aber noch nicht identifiziert werden, weshalb die Ermittlungen andauern. Den Fahndern ist deshalb auch klar, dass sie noch einen Berg an Arbeit vor sich haben, und noch zahlreiche Ermittlungen folgen werden. Dennoch zeigten sie sich schon vom bisherigen Erfolg der „OP Stream“ erfreut: „Uns ist ein großer Schlag, einer der größten der letzten Jahrzehnte, wenn nicht überhaupt, gegen die Kinderpornografie gelungen“, sagte BLKA-Vizepräsident Guido Limmer.