Die Familie Ritter aus Köthen erlangte im Fernsehen in den 90er-Jahren zweifelhafte Berühmtheit: Jahrelang wurden Karin Ritter, ihre Söhne und andere Familienmitglieder von einem Kamerateam begleitet, machten in Dokus vor allem mit rechten Parolen, Alkoholismus, Gewalt und Verwahrlosung auf sich aufmerksam. Zum 30-Jahre-Jubiläum der Dokumentationen über Familie Ritter sind die schockierenden Aufnahmen nun noch einmal zu sehen: Eine Doku im Netz beleuchtet aktuell das furchtbare Ende von Nati-Oma Karin Ritter – und erzählt von ihren letzten Monaten.
Karin Ritter aus Köthen und ihre Söhne wurden zu zweifelhaften Fernsehstars
Die Beiträge, die über Jahre über Familie Ritter aus Köthen im TV gesendet wurden, schockten ganz Deutschland: Karin Ritter und ihre Söhne, die in einer Wohnsiedlung in der Stadt in Sachsen-Anhalt lebten, machten mit Verwahrlosung und rechtem Gedankengut auf sich aufmerksam. Die Söhne Norman Ritter, Andy Ritter, René Ritter und Christopher Ritter terrorisierten die ganze Nachbarschaft, wuchsen in einer Welt aus Fremdenhass und Gewalt auf. So gab Norman Ritter in einem Interview mit SternTV an, er wolle Skinhead werden, wenn er groß ist. Und sein Bruder René Ritter verkündete, er wolle Ausländer „kaputtschlagen“.
In den vergangenen Wochen und Monaten bekamen Karin Ritter aus Köthen und ihre Söhne nun neue Aufmerksamkeit: Weil die TV-Anfänge der Familie Ritter 30 Jahre zurückliegen, erschien auf YouTube eine zehnteilige Doku, in der die Geschichte der Familie noch einmal erzählt wird. Vom ersten schockierenden Interview kurz nach der Wende bis zum furchtbaren Ende von Karin Ritter. Die Oma, die ihren Enkelkindern schon den Hitlergruß beibrachte, als sie gerade laufen gelernt hatten, starb im Januar 2021. Der letzte Teil der Doku-Reihe beleuchtet jetzt ihre letzten Monate.

Karin Ritter lebte in einer Obdachlosenunterkunft, niemand kümmerte sich um sie
Karin Ritter lebte unter anderem in einer Obdachlosenunterkunft, hatte dort ein Zimmer, das sie am Tag allerdings verlassen musste. In der Zeit hielt sich das Familienoberhaupt der Familie Ritter auf der Straße auf, verbrachte die Zeit bei Wind und Wetter auf einer Couch, die vom Sperrmüll kam. Unterstützung von ihren Söhnen gab es nicht, berichtete sie im Interview. „Mir hilft keiner. Aber wenn sie Geld brauchen, dann kommen sie.“ Mit einem Taxi-Gutschein fuhr sie regelmäßig in die Innenstadt von Köthen, verbrachte die Zeit im Eiscafé, traf sich regelmäßig mit einer Freundin. Doch am Abend kehrte sie immer wieder zurück in ihre Obdachlosenunterkunft.
Sie lebte auf der Straße, obwohl sie bereits gesundheitlich angeschlagen war. Ihr Arzt habe ihr gesagt, sie habe eine Lungenentzündung, solle ins Krankenhaus gehen. „Aber ich gehe nicht ins Krankenhaus“, sagt sie. Sie habe die Verpflichtung, in ihrer Straße eine Katze zu füttern. Nicht das einzige gesundheitliche Problem von Karin Ritter. Die Doku zeigt auch, wie SternTV die Frau kurz vor ihrem Tod besuchte. Da erzählte sie, dass sie einen Schlaganfall erlitten habe. „Ich wollte die Nacht auf Toilette, da bin ich auf einmal draußen in der Küche umgefallen. Vier, fünf Stunden habe ich da gelegen“, erzählte sie. Ihr Sohn René habe sie gefunden.
Trotz Schlaganfall und Krebs wollte Karin Ritter aus Köthen nicht ins Krankenhaus
Der Notarzt kam, doch auch dieses Mal wollte Karin Ritter nicht ins Krankenhaus. „Ich habe gesagt: Sterben kann ich zu Hause, da brauche ich nicht ins Krankenhaus gehen.“ Der Schlaganfall hinterließ offensichtlich Folgen: Karin Ritter klagte über ein taubes Bein, Sohn René besorgte seiner Mutter einen neuen Rollator. Im Oktober 2020 dann der letzte Besuch von SternTV bei Karin Ritter. Da klagte sie über Schmerzen in der Lunge – sie soll zu dem Zeitpunkt schon an Krebs gelitten haben.
Auch das nahm sie gelassen: Ihr Arzt habe immer gesagt, sie solle aufhören zu rauchen. „Aber wenn ich nachher unter der Erde liege, kriege ich keine Zigaretten mehr“, sagte sie. „Also muss ich weiterrauchen.“ Eine Freundin, mit der sie sich jahrelang traf, wunderte sich darüber nicht. Karin Ritter habe jeden Tag drei, manchmal vier Schachteln geraucht. Eine richtige Kettenraucherin sei sie gewesen, habe die Zigaretten halb geraucht, dann weggeworfen und direkt die nächste angezündet. „Es war furchtbar mit ihr.“
So starb Karin Ritter: Zuletzt rauchte die Nazi-Oma keine einzige Zigarette mehr
Die Situation spitzte sich dann immer weiter zu: Das Team von SternTV berichtete, Karin Ritter habe sich zuletzt kaum noch auf den Beinen halten können. Ihre Söhne riefen einen Krankenwagen, doch sie wollte nicht mitfahren, sich nicht von den Ärzten untersuchen lassen. Doch als es nicht mehr anders ging, kam sie doch in eine Klinik, starb dort am 30. Januar 2021. Zuletzt habe sie das Essen eingestellt, das Trinken eingestellt – und nicht eine Zigarette geraucht, berichtet Andy Ritter. Daran habe man sehen können, wie schlecht es ihr ging. ■