Seit Monaten beschweren sich Anwohner über Partylärm und Müll im Uni-Viertel in München. Jetzt soll eine kuriose Regelung in dem beliebten Ausgehviertel rund um die Ludwig-Maximilians-Universität für Abhilfe sorgen. Nach 22 Uhr dürfen Kioske hier kein Bier mehr verkaufen. Noch schräger: Schon ab 20 Uhr gilt das Verkaufsverbot auch für Chips.
Um acht Uhr abends deckt der Kioskbetreiber Al Bezihi Nechirvan nun mit einem Rollo die Chips in seinem Laden ab. Zwei Stunden später darf er an Nachtschwärmer auch kein Bier mehr abgeben. Dabei habe er sich immer sehr bemüht, Konflikte zu vermeiden. Mitarbeiter sorgten abends dafür, die Straße vor dem Laden sauber zu halten. Und sie schickten auch die Leute nach dem Einkauf weiter, damit sie nicht vor dem Laden stehen blieben und Anwohner mit Gesprächen störten.
Neben dem von Al Bezihi Nechirvan trifft die neue Regelung vier weitere Kioske im Münchener Uni-Viertel. Ihm und den anderen beschert sie große Umsatzverluste. „Der meiste Umsatz ist bei mir ab 22 Uhr. Wenn die anderen Läden geschlossen haben, geht bei mir erst das Geschäft los“, sagt Shivan Beseh, einer der anderen Betreiber. Er habe deshalb nun auch Existenzängste.

Warum das Verbot von Knabbersachen im Kiosk?
Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) stellt klar: Die Auflage ist nicht neu. Man habe lediglich auf die geltende Gesetzeslage hingewiesen, sagte eine Sprecherin auf dpa-Anfrage. Mit der Abdeckung der Knabbersachen will die Behörde erreichen, dass die Leute gar nicht erst in Versuchung geführt werden, danach zu greifen, wie unlängst unter anderem die Münchner Abendzeitung berichtet hatte.
In Bayern gilt nämlich das Ladenschlussgesetz. Danach müssen Geschäfte in der Regel um 20 Uhr schließen. Das gelte auch für Kioske, betont das KVR. Nur wer parallel eine Gaststätte betreibe, dürfe danach neben Essen und Trinken aus dem Lokal auch Flaschenbier, alkoholfreie Getränke sowie Tabak- und Süßwaren verkaufen. Die Auswahl sei aber begrenzt. „Chips gehören nicht zum privilegierten Sortiment“, erklärt die Behörde. Es seien keine Auflagen gemacht worden, die über die Regelungen im Gesetz hinausgingen. Klassische Spätis wie etwa in Berlin gibt es in Bayern nicht.
Für junge Leute sind Gaststätten oft zu teuer
Und was sagen die Betroffenen? Chips seien halt besser gegen den Hunger als Süßigkeiten und passten besser zu Bier, sagt ein Student, der dort oft nachts feiert.
Stefan Mödl wohnt hier und sagt, das zeitliche Limit für Chips und Bier sei „totaler Quatsch“. Endlich gebe es Spätis nun auch in München, schon würden sie wieder verboten oder eingeschränkt. „Wenn man eben nicht diesen Flair von einem Uni-Viertel haben will, dann ziehe ich hier halt auch nicht hin.“ Der Anwohner Ole Dietzmann spricht von Klientelpolitik „für ein paar alteingesessene Münchner“. „Aber diese Stadt verändert sich auch, und man muss auch Rücksicht nehmen auf die jungen Leute, die herkommen und hier leben wollen“, findet er. Die holten sich ihr Bier und ihre Chips beim Kiosk und gingen nicht gepflegt zum Edelitaliener, wo die Halbe Bier fünf Euro koste.

Wirkt das Chipsverbot ab 20 Uhr am Kiosk?
Das Pochen auf die Einhaltung des Gesetzes hat sich nach Angaben des KVR bereits gelohnt. Kontrollen hätten eindrücklich gezeigt, dass sich die Lage verbessert habe: weniger Lärm, weniger Müll und weniger alkoholbedingte Störungen. Allerdings sind in Bayern auch seit Anfang August Semester- und Schulferien.
Neben den fünf Kiosken wandte sich die Behörde im Übrigen auch an eine Gaststätte. Diese habe ebenfalls maßgeblich zu den Verhältnissen vor Ort beigetragen. Auch diesem Lokal habe man deshalb untersagt, nach 22 Uhr noch Alkohol zum Mitnehmen anzubieten. (dpa)