Panik vor dem Pannen-Frachter! Die unter maltesischer Flagge fahrende „Ruby“ irrt derzeit durch Nord- und Ostsee. Viele Häfen weigern sich, das Schiff einlaufen lassen – aus Furcht vor der hochexplosiven Ladung! Die hat mehr Sprengkraft als bei der gigantischen Explosion im Hafen von Beirut 2020.
Die deutschen Behörden beobachten den Frachter, der mit explosivem Kunstdünger beladen vor der norwegischen Küste liegt. Die beschädigte „Ruby“ bewegte sich in der Nacht zum Sonnabend zunächst nicht, wie der Sprecher der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt, Wulf Winterhoff, der Nachrichtenagentur AFP sagte.
Häfen verweigern Pannen-Frachter Einfahrt
Denn viele Häfen weigern sich, das beschädigte Schiff einlaufen zu lassen – aus Angst vor einem verheerenden Unglück! Denn wie die Bundespolizei bestätigte, ist der Frachter randvoll mit hochexplosivem Material: 20.000 Tonnen Ammoniumnitrat. „Das ist grundsätzlich Gefahrengut“, sagte er. Welche Gefahr konkret derzeit aber von der Ladung ausgehe, sei nicht bekannt.
Auch wann und ob das Schiff deutsche Gewässer erreichen werde, sei derzeit nicht klar. „Wir beobachten das Schiff und stimmen uns mit den zuständigen deutschen Behörden und denen der skandinavischen Nachbarländer ab“, sagte Winterhoff.
Frucht vor massiver Menge an hochexplosivem Dünger
Die Befürchtungen vor der Gefahrenladung sind indes nicht ganz unberechtigt. Ammoniumnitrat hatte 2020 eine verheerende Explosion im Hafen von Beirut ausgelöst. Dabei waren 207 Menschen getötet und 6500 verletzt worden. 300.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. In Beirut waren damals 2750 Tonnen Ammoniumnitrat durch entzündete Feuerwerkskörper explodiert – und damit nur rund ein Achtel der Menge des Düngers an Bord des Pannenfrachters!
Experten halten die Gefahr dennoch für begrenzt. „Das ist das Gute an Ammoniumnitrat. Es ist eigentlich ziemlich schwer zu entzünden“, sagte der Sprengstoffexperte Peter Hald von der dänischen Universität Aarhus dem dänischen Sender DR. „Es ist nicht so, dass es explodiert, wenn das Schiff irgendwo anstößt oder jemand etwas in die Ladung fallen lässt.“
Litauens Ministerpräsidentin verbietet Einlaufen von Schrott-Frachter persönlich
Die „Ruby“ hatte Medienberichten zufolge im August den russischen Hafen Kandalakscha mit dem Ziel Kanarische Inseln verlassen. In einem Sturm sei der Frachter unter maltesischer Flagge beschädigt worden. Nach einem Aufenthalt im nordnorwegischen Tromsö wird das Schiff derzeit durch das Kattegat in Richtung dänische Ostsee geschleppt, zuletzt lag die „Ruby“ laut der Navigationswebsite „Vesselfinder“ südwestlich der norwegischen Stadt Kristiansand im Skagerrak.
Demnach war ursprünglich eine Ankunft des Frachters im Hafen von Klaipeda in Litauen geplant. Die Ministerpräsidentin des baltischen EU-Mitglieds, Ingrida Simonyte, hat aber die Einfahrt verboten. Verteidigungsminister Laurynas Kasciunas sagte, es gebe immer wieder Probleme mit altersschwachen, rostigen Schiffen aus Russland.
Um die Ostsee zu erreichen, kann das Schiff nur durch den Großen Belt zwischen Dänemark und Deutschland fahren. Für eine Durchfahrt durch den Öresund zwischen Schweden und Dänemark ist das Schiff zu groß, wie das schwedische See- und Binnenschifffahrtsamt betonte. Der Seerechtsexperte Henrik Ringbom von der Åbo Akademi im finnischen Turku sagte dem finnischen Sender Yle, Anrainer dürften mit Verweis auf das Risiko die Vorbeifahrt verbieten und das Schiff notfalls mit Gewalt stoppen. ■