Es gibt Deko-Objekte, die ihren Siegeszug um die Welt antragen – und die Wohnungen ganzer Generationen prägten. Ob Lavalampen, bestimmte Vasen oder der oft kritisierte Fliesentisch: Sie alle sind auch noch heute in vielen Häusern zu finden. Das gilt auch für Nachdrucke von Gemälden des Malers Giovanni Bragolin: Der Künstler, der mit bürgerlichem Namen Bruno Amadio, brachte weinende Kinder auf Papier – sein Bild „The Crying Boy“ („Der weinende Junge“) wurde in Massen nachgedruckt. Doch jetzt wird’s gruselig: Angeblich liegt ein Fluch auf den Bildern, die auch heute noch als Deko an zahlreichen Wänden hängen!
Künstler Giovanni Bragolin brachte eine ganze Reihe weinender Kinder auf die Leinwand
Der Künstler, der unter dem Namen Giovanni Bragolin bekannt wurde, brachte eine ganze Reihe weinender Kinder auf die Leinwand. Er arbeitete in der Nachkriegszeit als Maler in Venedig, fertigte die Gemälde an, um sie an Touristen zu verkaufen. 65 verschiedene sollen in den Jahren eines Schaffens entstanden sein – und zusätzlich zu den Originalen wurden unzählige Nachdrucke angefertigt und in die ganze Welt verkauft. Auch in Deutschland hängen die Gemälde in Wohnzimmern, Schlafzimmern, Arbeitszimmern. Und: Die Kunst von Giovanni Bragolin regte viele Nachahmer an, ebenfalls weinende Jungen und Mädchen zu porträtieren.
Doch wer eines dieser Bilder in seinem Haus oder seiner Wohnung hat, der dürfte nach dieser Geschichte überlegen, ob es nicht doch besser wäre, es abzuhängen: Um die Gemälde rankt sich die düstere Legende, dass sie angeblich verflucht seien. Der Grund: Schon vor Jahrzehnten, als sich die Bilder der weinenden Kinder von Giovanni Bragolin auf der ganzen Welt ausbreiteten, gab es eine Vielzahl an Bränden, die mit den Gemälde oder Nachdrucken in Verbindung gebracht wurden. Britische Zeitungen berichteten etwa davon, dass Häuser abbrannten, in den Ruinen aber beinahe vollkommen intakte Bilder gefunden wurden, die Bragolins weinende Kinder zeigten.

Die britische Zeitung „The Sun“ veröffentlichte die Geschichte der verfluchten Gemälde bereits im September 1985. Ein Feuerwehrmann aus Essex berichtete dort, dass in mehreren brennenden Häusern entsprechende Gemälde gefunden worden seien. Der Mann namens Peter Hall sagte dem Blatt, dass die Bilder stets intakt gewesen seien – im Gegensatz zu den Häusern selbst, von denen nur ausgebrannte Ruinen blieben. Kein Feuerwehrmann, sagte Hall demnach, würde sich jemals ein solches Gemälde ins Haus holen. Dass Peter Hall überhaupt zur Zeitung ging, lag an seinem Bruder Ron. Der habe die Geschichte über den Fluch nicht geglaubt und sich einen Nachdruck von „The Crying Boy“ gekauft, um zu beweisen, dass es sich nur um Zufälle handelt. Sein Haus in Swallownest in Yorkshire sei kurz darauf niedergebrannt.
Gemälde von Giovanni Bragolin: Angst vor dem Fluch breitete sich rasant aus
Die Angst vor dem Fluch breitete sich schnell aus – und sorgte dafür, dass sich immer mehr Menschen bei der Zeitung meldeten, um von ähnlichen Fällen zu berichten. Überliefert sind Geschichten wie die von einer Frau namens Dora Brand aus Mitcham, deren Haus verbrannte. Sie besaß zahlreiche Gemälde, die sämtlichst zerstört wurden – nur der weinende Junge von Giovanni Bragolin blieb übrig. Eine Frau namens Sandra Craske aus Kilburn berichtete, dass die Häuser ihrer Schwester, ihrer Mutter und einer Freundin in Feuern zerstört wurden – alle hatten sich Kopien des Gemäldes gekauft.

Am 21. Oktober 1985 brannte laut Berichten ein Restaurant in Great Yarmouth, Norfolk, vollständig aus – nur das dort aufgehängte Bild „The Crying Boy“ blieb intakt. Im Oktober 1985 verlor dann auch eine Familie aus dem Ort Herringthorpe ihr Haus. Absurd: An den Seiten des Gemäldes von Giovanni Bragolin hingen weitere Gemälde, die beschädigt wurden – „The Crying Boy“ blieb ganz. Andere Menschen sollen die Bilder zerstört haben, nachdem Familienmitglieder bei Feuern ums Leben kamen. Etwa eine Frau aus London. Sie sie glaubte, das GEmälde sei für den Tod ihres Sohnes, ihrer Tochter, ihres Mannes und ihrer Mutter verantwortlich – sie starben bei verschiedenen Bränden.
Immer wieder kamen Menschen bei Bränden ums Leben – ist der Fluch der weinenden Kinder schuld?
Auch der 67 Jahre alte Senior William Armitage soll bei einem Brand ums Leben gekommen sein. Neben seiner verkohlten Leiche sei ein Bild von Giovanni Bragolin entdeckt wurden. „Bis jetzt habe ich nie an einen Fluch geglaubt, aber wenn man in einem ausgebrannten Raum tatsächlich auf ein Bild stößt und es buchstäblich das einzige ist, das vom Feuer nicht angerührt wurde, ist das wirklich seltsam“, soll ein Feuerwehrmann danach gesagt haben. Ob all diese Fälle wirklich so geschehen sind oder ob Nachahmer der Legende Leben einhauchten: unklar.
Liegt also wirklich ein Fluch auf dem Gemälde „The Crying Boy“ von Giovanni Bragolin – oder gibt es am Ende eine ganz andere Ursache für die merkwürdigen Vorkommnisse? Dass Häuser abbrennen und sich dann eines der Gemälde darin findet, ist bei einem Bild, das so oft nachgedruckt und verkauft wurde, nicht unwahrscheinlich. Nur: Warum blieben die Bilder trotz Feuer intakt? Einen Hinweis gab eine Dokumentation der BBC, die Jahre später – 2010 – ausgestrahlt wurde. Hier war die Rede davon, dass die Bilder mit einem Lack-Überzug versiegelt waren, der die Flammen abhielt. Außerdem waren sie oft mit einer Schnur an der Wand befestigt. Die Journalisten mutmaßten, dass dieser Faden im Feuer zuerst verbrannte, das Bild dann von der Wand fiel und auf der bemalten Seite landete, was den weinenden Jungen zusätzlich vor dem Feuer schützte. ■