Die Polizei hat mit mehr als 100 Durchsuchungen einen bundesweiten Schlag gegen die größte deutschsprachige kriminelle Handelsplattform im Netz geführt. Das berichten Ermittler am Freitag in Düsseldorf.
Der mutmaßliche Betreiber von „Crimemarket“ soll ein 23-Jähriger sein. Er wurde im niederrheinischen Korschenbroich festgenommen. Gegen ihn werde wegen Geldwäsche und Computerbetrugs ermittelt, teilte die Polizei mit. Den Server der kriminellen Plattform hätten die Ermittler in Island sichergestellt.
Die Plattform sei im Internet, nicht im Darknet, für jeden frei zugänglich gewesen. Entsprechend hätten auch viele Minderjährige sie genutzt, erklärte Düsseldorfs Polizeipräsidentin Miriam Brauns. Es sei erschreckend, wie einfach man im Internet auf frei verfügbaren Seiten kriminelles Verhalten kaufen und beauftragen kann, sagte sie. Die 180.000 registrierten Nutzer von „Crimemarket“ müssten ab heute damit rechnen, dass sich die Polizei bei ihnen meldet, sagte Brauns.
„Der ‚Crimemarket‘ wurde heute geschlossen“, sagte auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) der dpa. Damit sei der Polizei Nordrhein-Westfalen ein gewaltiger Schlag gegen Onlinekriminelle gelungen. „Wir haben es da also nicht mit dem kleinen Online-Händler von nebenan zu tun gehabt, sondern mit dem deutschsprachigen Amazon für Cybercrime.“
Gesichert wurde der gesamte Datenbestand der Plattform Crimemarket
Auf der Plattform seien kriminelle Dienstleistungen, aber auch Anleitungen zu schweren Straftaten und Drogen erhältlich gewesen. Auch Anleitungen für Computerbetrug, Hacking, Drogenversand oder Schutzgeld-Erpressung auf Bestellung, sogar Kriegswaffen seien dort offenbar zu haben gewesen, auch ein Werkzeug zur Fälschung von Personalausweisen. Der Schlag - die letzte Datensicherung sei Freitag früh erfolgt - habe zu erheblicher Bewegung in der Szene geführt. Es habe der gesamte Datenbestand der Plattform gesichert werden können, so die Ermittler.
„Anrufer haben sich gestern Abend mit verzerrter Stimme bei der Polizei in Düsseldorf und Köln gemeldet und als Journalisten ausgegeben, um an Informationen zu kommen“, berichtete Staatsanwalt Christoph Hebbecker.
Die Polizei sicherte zahlreiche Beweismittel, unter anderem Mobiltelefone, Hardware und Datenträger. In 21 Fällen stellte die Polizei in Nordrhein-Westfalen auch Drogen sicher, daneben wurden mehr als 600.000 Euro Bargeld und andere Vermögenswerte gepfändet.
„Wir waren geschockt, was wir gefunden haben“
Administratoren, Moderatoren und Nutzer der Plattform müssten nun mit Maßnahmen der Strafverfolger rechnen. „Die Seite entpuppte sich in kurzer Zeit als eine Art Amazon für Kriminelle“, sagte Kriminaldirektor Michael Graf von Moltke. Jeder Zwölfjährige habe diese Seiten mit jedem verfügbaren Browser aufrufen können, erklärte er, „wir waren geschockt, was wir gefunden haben.“
In den Niederlanden hätten die Ermittler einen gespiegelten Server sichergestellt. Dies sei wichtig, damit die Plattform nicht wenige Stunden später wieder online gehen kann. Gestartet sei sie 2018 mit 14 Nutzern, dann sei sie exponentiell gewachsen.
In 33 Städten Nordrhein-Westfalens (NRW) seien 36 Durchsuchungen erfolgt, die übrigen 66 verteilen sich auf den Rest des Bundesgebiets. Von den sechs festgenommenen Verdächtigen seien drei in NRW festgenommen worden. Dem Zugriff seien intensive Ermittlungen unter der Leitung der Zentralstelle Cybercrime NRW in Köln vorangegangen. Eine Ermittlungskommission „Agora“ (griechisch: Marktplatz) habe jahrelang Beweise zusammengetragen. Seit 2020 seien die Ermittler den Betreibern auf der Spur gewesen.■