Irrer Aufwand

64 Mal Heben und Schieben: Poller-Wahnsinn am Augsburger Weihnachtsmarkt

Die Stadt Augsburg hat erstmals mobile Poller zum Schutz des Weihnachtsmarkts aufgestellt. Doch die versperren die Gleise der Straßenbahn!

Author - Stefan Doerr
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Arbeiter müssen die mobilen Poller verschieben, damit eine Trambahn durchfahren kann.
Arbeiter müssen die mobilen Poller verschieben, damit eine Trambahn durchfahren kann.Malin Wunderlich/dpa

Schwergewicht gegen Terrorangst: Um den Augsburger Weihnachtsmarkt zu schützen, hat die Stadt jetzt mobile 450-Kilo-Poller aufstellen lassen. Doch die Lösung sorgt nicht nur für Sicherheit, sondern auch für Stress im Takt der Straßenbahn!

Poller müssen alle paar Minuten verschoben werden

Denn alle 7,5 Minuten rollen die Bahnen der Linien 1 und 2 an – direkt über die Schienen, auf denen die tonnenschweren Metallklötze an der Maximilianstraße stehen. Für jedes Fahrzeug müssen die Poller zur Seite gerollt werden, also auch bei jeder Tour der Straßenbahn! Pro Stunde stehen 32 Hin- und Rückfahrten an, bei zwei Pollern müssen sechs Sicherheitskräfte also 64-mal pro Stunde die Barrieren heben und hin- und zurückschieben, um die Gleise für die Tram freizuräumen – von 11 Uhr morgens bis zur Schließung des Marktes.

Erstmals setzt Augsburg in Bayern in diesem Jahr auf dieses System. Nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 hatte die Stadt klassische Betonblöcke aufgestellt, dekoriert mit Tannen. Doch an der Haltestelle ließen sie sich nicht platzieren – die Maximilianstraße galt deshalb als besonders verwundbar.

450 Kilo wiegen die Metallpoller, die im Minutentakt weggeräumt werden müssen.
450 Kilo wiegen die Metallpoller, die im Minutentakt weggeräumt werden müssen.Malin Wunderlich/dpa

Filmreife Szenen am Rand des Weihnachtsmarkts

Die neuen Elemente sollen mehr Schutz bieten und gleichzeitig besser aussehen. Doch an der Gleisverzweigung am Perlachberg klappt das Umsetzen nicht immer rechtzeitig. Straßenbahnen müssen warten, Fahrgäste und Passanten filmen die Szenen mit ihren Handys. Der Preis für die Sicherheit ist hoch: Wie die Bild-Zeitung berichtet, investierte die Stadt 250.000 Euro in acht Poller und vier Spezialhubwagen. Dazu kommen laufende Kosten für Personal – laut Stadt „ein mittlerer fünfstelliger Betrag“, also rund 50.000 Euro.

Kosten, die laut dem Chef des Ordnungsamtes durchaus vertretbar sind. Denn nur so könnten die Straßenbahnlinien überhaupt weiter fahren, meint Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) im Donaukurier. Ein wochenlanger Stopp für die gesamte Dauer des Weihnachtsmarktes wäre die einzige Alternative gewesen. Und mit den mobilen Pollern könne die Stadt einen einerseits sicheren und andererseits schönen, nicht mit Betonsperren zugebauten Weihnachtsmarkt bieten!